12. März 2023 - Es ist an der Zeit mich zu verabschieden
Aus gesundheitlichen Gründen war es erforderlich, mich als Vorsitzender beim Tschernobylkinder Wardenburg e.V. zurück zu ziehen. Es war einfach zu viel Arbeit. Auch die heutige Medienlandschaft bereitete mir immer mehr Probleme. Aber ich wollte die Organisation, in die ich so viel Arbeit hineingesteckt hatte, nicht einfach auflösen. Daran hingen so viele schöne Erinnerungen an die überaus liebenswerten Kinder.
Wegen Corona durften unsere Kinder leider nicht reisen. Um den Draht zu ihnen nicht abreißen zu lassen haben wir beschlossen, sie in ihrem Heimatland zu unterstützen. Erst da habe ich die wirklichen Probleme in den Familien kennen gelernt. Es fehlt den Kindern an Kleidung und den Familien mitunter an absolut wichtigen Grundnahrungsmitteln wie Kartoffeln, Milch und Brot. Bei uns in Deutschland haben meines Wissens alle Hilfsbedürftigen helfende Organisationen. In Belarus gibt es das alles nicht. Unsere Betreuerinnen in Bychov und Rechitza machen die dortige Versorgung ganz toll, unterstützt durch die Schulpädagogen. Wir haben dort Fuß gefasst, sind bekannt geworden, durch unsere Unterstützung armer Familien, der dortigen Schule und den Kindergärten, der Behindertenschule, der Kunstschule usw. Ein ganz dickes Dankeschön an unsere beiden Tatjanas.
Doch woher Nachfolger finden, die sich ebenfalls ehrenamtlich in diese Arbeit einbringen? Plötzlich zeigte eine Gastmutter Interesse, hing ihr Herz doch ganz besonders an ihrem ehemaligen Gastkind und deren Familie. Auch ihre Schwestern hatten Gastkinder aufgenommen. Und so ergab es sich, dass wir seit über zwei Jahre ein sehr enges und vertrauensvolles Verhältnis zueinander hatten. Ich habe Natalia immer sehr geschätzt- war sie mir doch sehr ähnlich in ihren Ansichten und Entscheidungen. Ich war sehr glücklich als sie mir mitteilte, sie würde den Verein mit ihren drei Schwestern gerne fortführen, bevor er sich auflöst. Seit dem 22. Mai 2022 ist Natalia nun Vorsitzende der Tschernobylkinder Wardenburg. Mit ihrer Großfamilie führt sie nun den Verein weiter. Ich denke, dass der neue Vorstand sich demnächst auf einer neuen Homepage vorstellen wird.
Bisher hat meine Frau die Kasse gemacht und mir auch in organisatorischen Dingen beigestanden. Ebenso ein dickes Dankeschön an Wilfried, der mich immer sehr gut in rechtlichen Dingen beraten hat. Das machte so vieles beruhigender, einfacher, schneller und unbürokratischer. Natalia und ihre Schwestern machen eine sehr gute Arbeit. Noch immer reden wir viel miteinander, weil sich in den acht Jahren Erfahrungen, Verträge und sonstige Regelwerke angesammelt haben, in die man nicht gleich so einfach einsteigen kann. Und die Damen machen es sehr viel besser als ich es derzeit gekonnt hätte. Der Kontakt mit anderen Vereinen war mir immer wichtig. Über eine Videokonferenz mit anderen Vereinen haben sie eine Möglichkeit gefunden, Hilfsgüter zu den Kindern in Bychow und Rechitza zu bringen.
Nun möchte ich mich bei all denen bedanken, die mich in all den Jahren auf vielfältige Weise unterstützt haben. Ich erinnere mich da auch gerne an jene, die mir mal einen Geldschein für die Kinder zusteckten – die unsere Sammeldosen fütterten, auch an den älteren Herrn, der während des Begrüßungsfrühstücks zu mir kam und fragte ob das die Tschernobylkinder sind. Daraufhin gab er mir einen Geldschein und bat mich, den Kindern ein Eis zu kaufen. Auch die alleinerziehende Mutter von zwei Kindern werde ich nicht vergessen, die mir fünf Euro gab mit den Worten: Ich habe nicht viel Geld. Aber eure Kinder haben es nötiger als meine. Dankeschön an alle.
Und heute habe ich immer noch die gleichen Wünsche. Der Verein erfordert sehr viel Arbeit. Ich habe mir zu allen Zeiten Helfer gewünscht, die nicht nur unsere Arbeit loben, sondern im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch mithelfen. Eine Mitgliedschaft ist bei uns kostenfrei. Bringt unserem neuen Vorstand bitte auch euer Vertrauen entgegen, wie ihr es mir entgegengebracht habt. Sie haben es allemal verdient.
Und noch ein besonderes Dankeschön an den neuen Vorstand für das überbrachte Andenken an unsere Kinder. Meine Frau und ich haben uns sehr darüber gefreut.
Willy Kayser
28.10.2021
Großzügige Spende der Postcode Lotterie!
Überwältigt und überaus glücklich durfte unser Verein in diesem Jahr eine großzügige Spende von der Postcode Lotterie entgegennehmen. Ein großes DANKESCHÖN im Namen des gesamten Vereins Tschernobylkinder Wardenburg e.V.!
Dank dieser Spende dürfen wir unsere freiwillige Arbeit vorerst weiter fortsetzen. Der Winter naht, und die bedürftigen Kinder benötigen neben Schulsachen vor allem warme und wetterfeste Kleidung, um gut durch die in Belarus frostige Jahreszeit, zu kommen.
Da uns die Kinder erneut nicht besuchen dürfen, zwingen uns diese ungewöhnlichen Zeiten andere Wege zu gehen. Einen möglichen Weg haben wir für uns als Verein gefunden, indem wir den Kindern vor Ort helfen, sei es durch Sachspenden, Lebensmittel oder schulische Ausstattung. Unsere beiden Betreuerinnen vor Ort erhalten Hilfe und Unterstützung der Lehrkräfte und des schulischen Sozialen Dienstes. Mittlerweile haben wir uns durch die enge Zusammenarbeit ein gutes Netzwerk geschaffen und helfen noch gezielter, effektiver und immer mehr Kindern und ihren Familien.
Wir versuchen der akuten Benachteiligung sozialschwacher Kinder entgegen zu wirken. Denn diese Kinder haben nun mal einen schweren Start in die Wiege gelegt bekommen.
Unsere Hilfe kommt nicht nur bei den Bedürftigen an, sie trägt auch enorm zur Völkerverständigung bei.
Wir können die Lebenssituation dieser Kinder nicht ändern. Wir lassen sie aber wissen, dass wir an sie denken und versuchen zu helfen wo und wie wir nur können. Ihre strahlenden Gesichter mit der Tschernobyl Kinder- Tüte in den Händen (gefüllt mit Sachspenden) sind unsere Belohnung. Eine Bestätigung dafür, dass wir absolut das Richtige tun und sich all die Mühe und Zeit dafür lohnen.
Unser Verein ist auf Spenden aufgewiesen!
13. September 2021
Es gibt Neues in unserem Verein!
Nach vielen schönen Jahren voller Höhen und Tiefen habe ich mich entschlossen, nächstes Jahr meinen Vorsitz abzugeben.
Auf unserer Jahreshauptversammlung haben die Mitglieder Natalia Pfannenstiel als Nachfolgerin gewählt. Unsere Zusammenarbeit hat sich bewährt, und wir haben uns schon seit einiger Zeit gut in dieser Hinsicht ergänzt. Ab sofort wird Natalia vorrangig auch andere wichtige Entscheidungen treffen.
Des Weiteren wurde beschlossen, solange die Kinder nicht zu uns kommen dürfen, wir sie weiterhin mit unseren bescheidenen Finanzmitteln, mit Sachspenden und in Ausnahmefällen auch mit Lebensmittel, unterstützen. Unsere Betreuerin Tatjana und ihre Helfer leisten vor Ort sehr engagierte, erfolgreiche und auch wirklich die allerbeste Arbeit. Alle Ausgaben werden uns akribisch dokumentiert.
Leider ist auch in diesem Jahr das Spendenaufkommen sehr gering. Wir wünschen uns, mehr für unsere Kinder tun zu können. Gasteltern haben es geschafft zwei Gastkinder auf einer weiterführenden Schule zu etablieren. Auch diese Kinder unterstützen wir in Form von Schuluniformen- und Büchern.
Viele ehemalige Gasteltern möchten ihre Kinder auch weiterhin unterstützen. Da Pakete schicken und Geld überweisen sehr teuer ist, können sie ab sofort ihren Beitrag, nebenkostenfrei, auf unser Vereinskonto einzahlen. Wir überweisen das Geld anschließend zweckbestimmend an unsere Betreuerin in Bychov. Dieser Betrag wird an die Gastkinder weitergegeben.
Es können auch vereinsfremde Personen Finanzmittel an Kinder und Familien senden, die sie auf unserer Bildergalerie gesehen haben und für unterstützungswürdig halten. Es werden dort allerdings nur Sachmittel ausgegeben.
21. Juli 2021
Was ist los? Seit Corona kaum noch Spenden
Die Corona Krise hat auch uns schwer getroffen. In 2020 und 2021 durften wir keine Kinder holen. Und schauen wir uns die derzeitige politische Entwicklung an, so werden wir noch sehr viel länger mit Problemen rechnen müssen. Da haben wir gut daran getan, die ärmsten Kinder und ihre Familien an ihrem Wohnort mit Lebensmitteln und Sachspenden zu versorgen. Seit der Wahl geht es vielen schlecht. Man vergleicht die Situation in den Dörfern mit denen der Entwicklungsländer. Auch derzeit geben wir an einige Familien Lebensmittel aus, damit wenigstens gelegentlich noch ein akzeptables Essen auf den Tisch kommt.
Unsere anfänglichen Bedenken waren bald verflogen, weil diese erstmalig versuchte Aktion sehr viel besser lief als erwartet. Wir konnten vielen Familien helfen. Uns erreichten viele Dankschreiben.
Aber unsere Spendeneingänge sind bereits im Vorjahr massiv eingebrochen. In diesem Jahr hatten wir bisher lediglich nur noch drei Spendeneingänge. Wir möchten diese Aktion in Belarus gerne fortsetzen, so lange wir keine Kinder holen dürfen, wir weder Pakete schicken und auch keine Hilfstransporte auf den Weg bringen können. In anderen Organisationen sieht es ähnlich aus – kaum noch Spenden und Hilfe nach Belarus. Auch die Verwaltungsarbeit nimmt ständig zu. Es findet sich niemand mehr, der diese Arbeit auf sich nehmen will. Ich höre allenthalben, dass Organisationen ihr Ende in naher Zukunft kommen sehen.
Wir hatten angedacht, Patenschaften für Kinder und deren Familien anzubieten. Wir wollten Paten die Möglichkeit bieten, mit Familien direkten Kontakt aufzunehmen und ihnen die Möglichkeit geben, im Rahmen ihrer Vorstellung über unsere Organisation zu helfen. Doch angesichts des derzeitigen Spendenaufkommens macht uns das nur viel Arbeit und wenig Sinn. Wir sehen mit Sorgen auch in unsere Zukunft. Es hängt von eurer Unterstützung ab, ob und wie es mit uns weitergeht. Ich möchte nicht versäumen mich bei jenen Bürgern zu bedanken, die unsere im Landkreis aufgestellten Sammeldosen fleißig füttern. Ganz lieben Dank.
Inzwischen helfen wir in Bychov ganzjährig, weil es einfach erforderlich ist. Der größte Schatz dieses dreijährigen Kindes ist ein geschenkter Welpe, den es den Besuchern stolz vorzeigt. Für Bekleidung hat die Mutter kein Geld. Somit muss dieses Kind so spärlich bekleidet über den Sommer kommen. Selbst für ein ausreichendes Essen fehlt mitunter das Geld.
Darf ich vorstellen
Das ist Tatjana Schendrik. Vor über einem Jahr haben wir sie als zweite Betreuerin für unsere Kinder gewinnen können. Ich kenne Tatjana seit etlichen Jahren. Sie war vorher Betreuerin in der Cloppenburger Initiative. Nachdem nach dieser Gruppe auch die Initiative Großenkneten aufgelöst wurde, mit der wir uns bislang jeweils die Betreuerinnen teilten, habe ich keinen Augenblick gezögert Tatjana zu fragen, ob sie auch für uns tätig werden möchte. Und hätten wir im Vorjahr kein Reiseverbot bekommen, dann hätten wir sie bereits kennenlernen dürfen. Fakt ist, wir brauchen zwei Reisebegleiter für den Fall, dass ein Kind hier als nicht reisefähig mit einer Betreuerin zurückbleiben muss oder eine Betreuerin vorübergehend ausfällt.
Tatjanas Umgang mit Kindern und Situationen hat mir immer sehr gefallen. Ebenso ihre Wesensart – ruhig und besonnen. Das passt zu uns. Außerdem kennen die beiden Tatjanas sich auch persönlich von vorherigen Begegnungen. Beide glauben, dass sie ein gutes Team sein werden. Sie sind in einem fast identischen Alter. Beide sind Lehrer und unterrichten u.a. das Fach Deutsch. Tatjana wohnt in Rechitza, 180 Kilometer von Bychov und 123 Kilometer von Tschernobyl entfernt. Sie ist verheiratet und hat neben ihrem Mann zwei Kinder. Der Sohn studiert in Minsk, die Tochter geht noch zur Grundschule. In ihrer Kindheit war sie selbst sehr viel krank. Sie hat noch immer behandlungsbedürftige Schilddrüsenprobleme. Mit fünf Jahren hat sie bereits ihren Vater durch einen Unfall verloren. Gerne wäre sie Ärztin geworden. Obwohl sie schulisch sehr begabt war, konnte ihre Mutter ihr das Studium nicht finanzieren. So ist sie, wie sie sagte, eben nur „stellvertretende Schulleiterin“ geworden. Trotzdem von hier ganz große Achtung und Respekt für diese Leistung aus ihrer Grundsituation. So etwas hören wir immer wieder – trotz großer Begabung nur eine geringe Chance. Tatjana begleitete bereits elf Mal Tschernobylkinder nach Deutschland. Sie interessiert sich noch immer für die deutsche Lebensart, unsere Gewohnheiten und Bräuche und möchte unsere Sprache besser kennenlernen. Heißen wir sie nun offiziell willkommen und nehmen auch sie in unsere Mitte. Ich glaube, dass auch unsere Gasteltern sie gleichermaßen lieb gewinnen werden wie die andere Tatjana. Ich freue mich auf sie. Sie ist in unserer Watsapp Gruppe und liest interessiert mit, was wir berichten.
Gedanken zum Jahresende 2020
Es war ein außergewöhnliches Jahr, mit vielen Schreckensnachrichten, Verboten und unfassbaren Regelwerken. Es begann mit der Präsidentenwahl in Belarus, mit Demonstrationen, Verhaftungen, Entlassungen und Existenznöten in den dortigen Familien. Und es gab Corona, anfangs mit leichten Einschränkungen für die weltweite Bevölkerung, mit zunehmenden Fallzahlen immer weiteren Regelwerken und Verboten. Dann kam das Reiseverbot für unsere Erholungskinder. Gasteltern waren traurig und viele Kinder weinten am Telefon. Erstmals hatten wir in 2019 mehrere russischsprachige Gasteltern, die sich unserer ängstlicheren Kinder angenommen haben. Auch über unseren Sprachübersetzer hatten wir einen sehr viel verständlicheren Kontakt zu unseren Kindern. Die Kinder konnten mehr fragen, und die Gasteltern ihnen mehr erklären. Nun hatten sie eine erneute Einladung von den Gasteltern, aber durften nicht reisen. Die Kinder dort sind gleichermaßen erfindungsreich wie unsere, halten mehr oder weniger ständigen Kontakt über Freunde oder Bekannte mit Internet. Andere haben sich volljährig gemacht, um von den elektronischen Medien akzeptiert zu werden. Ich bin jedenfalls überrascht über all das, was an Nachrichten von den Kindern, deren Eltern und von wagemutigen Freunden und Bekannten an Nachrichten bei mir ankommt. So auch Nachrichten über die außergewöhnliche Armut in einigen Familien, infolge der politischen Situation. Unsere Betreuerin berichtete, dass die bei uns im letzten Jahr gekauften Schuhe einiger Kinder total verschlissen wären und es in vielen Familien auch an Kinderkleidung und Grundnahrungsmittel fehle. Da haben wir beschlossen mit unserem bescheidenen Finanzüberschuss und den bis zum Jahresende noch eingehenden Spenden zu helfen. Entgegen allen Warnungen haben wir per Boten Geld zu unserer Betreuerin geschafft. Eine Gastmutter kannte jemanden, der einen kennt, der nach Belarus reist und das Geld mitnehmen will. Und weil das gut geklappt hat, haben wir unser Geld außerdem einer anderen Person zur Mitnahme anvertraut. Ich habe viel über die liebenswerte russische Mentalität gelernt. Da funktioniert noch, was uns seit langem abhandengekommen ist. Als dann das Reiseverbot kam hat Tatjana mit viel Mühe in Erfahrung gebracht, dass sie 2300 € steuerfrei empfangen darf. Sie hat ein Konto eingerichtet und wir haben kurz vor dem Jahreswechsel diesen Betrag in zwei Summen anweisen können. Es war zwei Tage später nach Abzug einer geringen Gebühr auf dem Konto und muss nun für sehr lange Zeit reichen.
Wir haben etwas Neues versucht und das hat viel besser geklappt, als wir uns das haben vorstellen können. Tatjana hat die Schulsozialarbeiter mobilisiert, die anfangs in ihrer Freizeit, später offenbar mit Billigung der Schulleitung unsere Aktion schnell und erfolgreich umgesetzt haben. Unsere Hilfe ist dahin gekommen, wo sie am Dringendsten gebraucht wurde, zu den hilfsbedürftigsten Kindern die keine Eltern mehr haben, die bei der Großmutter und mit von deren karger Rente (100 € ) leben müssen oder deren Eltern ohne Arbeit und absolut mittellos sind. Wir haben sehr viel mehr erreicht als wir erwartet haben. Darum einen ganz lieben Dank an Tatjana, ihre Familie und unsere fleißigen und unermüdlichen Helfer. Offenbar haben wir alles richtig gemacht. Es ist so, als wäre ein ganz kleiner Sonnenstrahl in die Stadt Bychov gefallen, zufällig in die Schule, und viele Spiegel haben diesen Sonnenstrahl bis in die entlegensten Dörfer getragen. Die Deutschen stehen uns bei. Ich habe viele offizielle und inoffizielle Dankschreiben bekommen.
Wie wird 2021? Die Pandemie schwächt sich ab, aber ist noch lange nicht vorbei. Außerdem sorgt mich die politische Situation in Belarus. Werden wir in diesem Jahr Erholungskinder bei uns haben? Wir werden auf jeden Fall die Kinderlisten aufstellen und zur Weiterbearbeitung der Ausreise unserem russischen Vertragspartner Hope for Future zustellen. Im Augenblick ist es uns wegen des Kontaktverbots nicht möglich die Papiere vollständig und vertragssicher zu erstellen. Da zwischen der Ausreiseantragstellung und dem möglicherweise tatsächlichen Reiseantritt noch mindestens vier Monate liegen, kann auch in unseren Gastfamilien noch viel Unerwartetes passieren, was uns später Probleme macht. Aber wir müssen damit leben. Auf jeden Fall werden wir an unseren Gastkindern festhalten. Es geht inzwischen nicht nur alleine um deren körperliche und seelische Erholung, sondern auch um deren Zukunft. Es gab zu allen Zeiten einige bleibende und einflussreiche Kontakte zu den Kindern, die dann meist auch einen besseren Weg in ihre Zukunft gefunden haben. So bekam Sofia von uns ihre eigenen Schulhefte. Swetlana ging auf Anraten der Gasteltern auf eine weiterführende Schule. Hier wurde sie wegen der schlechten und nichtpassenden Schuluniform gehänselt. Wir haben das Problem gelöst. Daria besucht die Kunstschule. Aber Mama hat kein Geld für Malpapier und Stifte. Ersatzweise für ihre Gasteltern, die da gerne helfen würden, helfen wir da aus. Tatjana berichtete schon immer über intelligente Kinder ohne Chance, weil das Elternhaus denen aus verschiedensten Gründen die erforderliche Hilfe nicht gewähren konnte. Die Gastkinder sind sehr neugierig, wollen alles wissen und es uns nachtun. Sie begreifen, dass es für sie nicht mehr das Wichtigste ist, die Kartoffeln in die Erde zu bringen und im Herbst wieder auszubuddeln. Dass Kuh und Schwein gesund bleiben, entscheidet auch nicht ausschließlich über ihre Zukunft, sondern ihr Bildungsstand. Nun wollen wir unser neues Wissen über aktuelle Hilfsmöglichkeiten weiter ausbauen. Für unsere Gasteltern und sozial eingestellte Familien und Unterstützer wollen wir die Möglichkeit schaffen, sich mehr und direkt in Familien einzubringen, sei es durch direkten Austausch von Informationen oder Hilfsangeboten usw., aber alles nur in Form von Sachleistungen. Wir wollen versuchen, das zu organisieren. Das ist noch viel Arbeit. Ideen und Hilfsangebote nehmen wir gerne an.
Letztendlich bereitet mir das geringe Spendenaufkommen Sorgen. Wir haben einige zugesagte Spenden nicht bekommen, weil die Kinder nicht kommen durften. Andere Spenden haben wir aufgrund gewisser Vorgaben der Spender (müssen in der Region für die Kinder ausgegeben werden) zurückzahlen müssen. Hinzu kommt, dass wir immer mehr Kinder holen und damit unser Finanzbedarf auch ständig steigt. Würden wir die Pandemie außer Acht lassen, so müssten wir in diesem Jahr mit 30 Kindern rechnen, was einen minimalen Finanzbedarf incl. Betreuerkosten von 13.000 € betragen würde. Diese Summe einzuwerben, läßt sich kaum realisieren. Ich frage mich ohnehin, warum für andere Organisationen mitunter sehr viel mehr Geld gespendet wird, als für unsere hilfsbedürftigen hungernden und frierenden Kinder? Sind russische Kinder leidensfähiger als Tiere, oder unsere, zumindest grundversorgte Bevölkerung? Wir haben viele Leser, bekommen viel Lob und Zuspruch, aber nur sehr wenige Spenden. Wir bewegen uns seit Jahren trotz ständigen Werbens und fortlaufender Berichterstattung über unsere Tschernobylkinder und unsere Hilfe am absoluten Limit. Von Medien bekommen wir kaum Unterstützung. Sie denken heute ausschließlich gewinnorientiert. Ihr könnt ja bei uns Werbung schalten. Aber dafür fehlt uns das Geld. Werden auch wir alsbald das Handtuch werfen müssen, wie vor uns andere Gruppen? Und ebenfalls aus dem gleichen Grund ? Warten wir es ab -
Die Bäckerei Behrens-Meyer hat zum Jahresende für 5 Vereine je 1000 Euro ausgelost, und wir waren einer der glücklichen Gewinner. Am 10. Dezember 2020 durften wir unseren Scheck über 1000 Euro in der Firmenzentrale in Garrel in Empfang nehmen.
Dafür sagen wir herzlichen Dank!
Damit kann unsere Betreuerin noch viele warme Wintersachen und auch Weihnachtstüten für die Kinder kaufen.
20.11.2020 - Schon mal etwas genauer hingeschaut??
Dann seht ihr Wohnungen und Häuser, in denen wir nicht einmal unsere Tiere unterbringen würden. In Belarus müssen dort Familien leben und Kinder unter schwierigsten Bedingungen aufwachsen. Sie müssen sich die Zuwendung ihrer Eltern mit den Tieren teilen. Letztere sind wichtig für das Überleben. Alkohol gehört in vielen Familien auch dazu. Umso mehr genießen es diese Kinder, während ihres Aufenthalts bei uns viel mehr beachtet zu werden. In dem hier gezeigten Haus wohnt eine alleinerziehende Mutter mit vier Kindern und der Großmutter. Zwei der Kinder waren als Gastkinder bereits bei uns. Die Leiterin einer anderen Initiative hat diese Familie in dem Haus besucht. Sie sagt, sie habe nichts gesehen, was sich hätte bewegen lassen. Alles ist vermutlich verkauft worden. Weiter: in diesem Haus habe ich nur einen Raum als bewohnbar angesehen. Die russischen Winter sind lang und bitterkalt. Hier dann mit ungenügender Kleidung und Schuhen zu überleben, stelle ich mir schrecklich vor. Hinzu kommt oftmals auch noch Hunger.
Sehen wir uns Bilder in unserer Galerie an so fällt auf, dass unsere dortigen Helfer sehr umsichtig mit unserem Geld vorgehen. Sie schlagen an den Jacken und Mänteln gerne die Ärmel um, wohl wissend, dass es sinnvoll ist, wenn sie die im nächsten Jahr auch noch tragen können. Vielleicht fällt euch die Länge der Jacken auf? Viele Kinder aus den Dörfern müssen im Winter mehr als zwei Stunden mit dem Bus zur Schule fahren. Oftmals fällt in den Bussen die Heizung aus, bei Temperaturen nahe 20 ° Minus. Da ist dann Zweckmäßigkeit wichtiger als das Chic. Dann berichtete Tatjana mir von dem kleinen Jungen, der sich im Schuhgeschäft die Schuhe nicht ausziehen lassen wollte und bitterlich geweint hat. Das wird verständlich, wenn wir wissen, dass er diese Schuhe aus zweiter oder dritter Hand bekommen hat und die ganz wichtig für ihn sind. Nun sitzt er zum ersten Mal in einem Schuhgeschäft. Da stehen so viele Schuhe und er soll seine aus ziehen, damit man ihm die auch noch wegnimmt? Erst als er begreift, dass er ein neues Paar Winterschuhe dazu bekommt beruhigt er sich wieder. Und weil es unbedingt sein muss, bekommt er auch noch warme Socken. Die Kinder kennen es nicht, etwas geschenkt zu bekommen. Sie trauen dem allem nicht und reagieren unterschiedlich. Einige freuen sich sichtbar, andere schauen noch zurückhaltend aus. Es sind eben Kinder, wo man eine sofortige von uns allzu oft erwartete positive Reaktion und Dankbarkeit nicht erwarten darf. Über die letztendlich doch gezeigte Freude der Beschenkten berichtet mir Tatjana und einige Eltern dieser Kinder.
Es fällt mir schwer, die uns zugegangenen Bilder anzusehen und die Berichte aus Bychov zu lesen bzw. von Tatjana zu hören. Bisher habe ich die Kinder nur während ihres Aufenthalts bei uns erlebt und vom Hörensagen der Gasteltern, die diese Kinder in ihrem Zuhause besucht haben. Nun bin ich mittendrin in deren Alltag, muss oft nachfragen um das alles zu verstehen. Unsere uneigennützigen Helfer in Bychov sind selbst am Sonntag unterwegs, um mit den Kindern einkaufen zu fahren. Dafür sind wir ihnen unendlich dankbar.
Nun könnten einige denken wir könnten denen unseren Überfluss spenden. Gerne, aber das geht nicht. Das hier zu erklären würde zu weit führen. Ihr könnt mich aber jederzeit anrufen oder anschreiben und bekommt auch ganz sicher eine Antwort. Bitte, bitte spendet, damit unsere armen Kinder in diesem Winter nicht frieren und hungern müssen. Auch fünf Euro ist für sie viel Geld. Drückt unseren Spendenbutton oder überweist uns euren Beitrag.
05.09.2020 - Wir reden nicht nur – wir helfen
Und es läuft besser als gedacht. Wir haben fleißige und zuverlässige Helfer in Bychov, die unsere Hilfe dahin bringen wo sie am Nötigsten gebraucht wird. Es mangelt in vielen Familien an allem, vorrangig an Lebensmitteln. Unsere Hilfe ist noch sehr bescheiden. Aber es mag einige Menschen dort trösten zu wissen, dass wir ihre Probleme kennen und daran Anteil nehmen. Und wir hoffen auf weitere Unterstützung unserer Mitbürger
von links: Tatjana und eine Sozialarbeiterin bringen einer Großmutter mit 3 Enkeln Lebensmittel und Schulartikeln
Unsere „Erste Hilfe“ ist angekommen
Unser erster kleiner Spendenbeitrag ist angekommen. Und nach weniger als zwei Wochen trägt er bereits erste Früchte. Unsere Betreuerin Tatjana hat während Ihrer Sommerferien Kinder im Sanatorium betreut und dort deren Nöte gesehen. Daraufhin hat sie nun bis zum 13. September nachträglich frei bekommen. Und diese Freizeit nutzt sie nun vollständig um den armen Kindern und deren Eltern in Bychov zu helfen. Sie hat sich mit den Schulsozialarbeitern zusammengesetzt und sie haben gemeinsam die ersten zehn Familien ausgewählt, die am Dringendsten Hilfe benötigen. Sie war als erstes mit unserem Erholungskind Veronika unterwegs um für sie dringend benötigte Schuhe, eine Hose und Lebensmittel für deren Familie einzukaufen. Mit den Sozialarbeitern hat sie Sachspenden, vor allem Lebensmittel, in Tüten verpackt und den Familien gebracht. Sie schreibt uns dazu „Ich dachte immer, die ganz armen Familien würden auf dem Lande leben. Unsere Sozialarbeiter haben mir nun noch schlimmere Fälle in unserer Stadt gezeigt. Ich bin darüber entsetzt. Das gesehen zu haben versetzt mich in Stress.“ Ja, mich haben die mir zugesandten Bilder auch schockiert. Einige werden wir in unsere Bildergalerie einstellen, die schlimmsten aber zurück halten um jene, die dort auf unsere Seiten schauen, nicht über Gebühr zu kompromittieren. Tatjana hat während der Kindererholung bei uns auch immer sorgsam darauf geachtet, dass die Kinder auch Winterkleidung für sich, sowie Sachen für ihre Geschwister eingepackt haben. Die Kinder haben natürlich vorrangig immer zuerst an sich gedacht. Und bereits im ersten Winter kam die Feststellung: die Kinder haben keine warme Winterkleidung. Bei der nächsten Spende soll auch notwendige Winterkleidung gekauft werden.
Ja, wir sind sehr stolz auf Tatjana und sagen ihr und den Sozialarbeitern Danke für ihre Arbeit. Wir wollen auch nicht versäumen mitzuteilen, dass ihr jüngster Sohn eingeschult wurde. Wir haben für ihn, sowie für zwei weitere Kinder, einen Schulranzen bei uns stehen (eine Spende von Kinderlachen Oldenburg e.V.), die wir noch nicht rüberbringen konnten. Darüber sind die Kinder sehr traurig.
Einschulung am 1. September 2020 in Bychov
Tatjana wurde gerade vom Staat, von der pädagogischen Konferenz, für ihre Leistung und ihren Einsatz für ihre Schule und die Kinder mit einer Urkunde und 50 Rubel (etwa 16 Euro) geehrt. Auch dieses Bild haben wir eingestellt. Herzliche Glückwünsche und ein ganz dickes Dankeschön nach Bychov.
Diese beiden Kinder haben Lebensmittel und Schulartikel in der Schule bekommen. Sie haben keine Eltern und wohnen bei der Oma.
Bitte schaut in unsere Bildergalerie – und vergesst nicht unsere Aktion zu unterstützen.
25. August. Heutige Situation in Belarus
Nach der Wahl des Präsidenten am 9.8.2020 erreichten uns erneut schlimme Nachrichten. Man berichtet, dass es seit Monaten Verhaftungen von Oppositionellen und Andersdenkenden gäbe. Aus staatlichen Betrieben und Verwaltungen seien viele entlassen worden. Eine pensionierte Lehrerin schrieb, die Lehrkräfte seien angewiesen worden in den Schulen und deren Umfeld für Ruhe zu sorgen. Eine andere Gastmutter schrieb: ich habe große Achtung und Respekt vor den Leuten, die auf die Straße gehen und demonstrieren, obwohl sie wissen dort möglicherweise verhaftet, verprügelt oder sogar erschossen zu werden. Aber die Not macht den Widerstand erforderlich. Im vorigen Jahr sagte ein Kindsvater, den Besuchern unserer Initiative, dass er seine erholungsbedürftige Tochter nicht mehr zu uns reisen lasse. Öffentlich Bediensteten sei es verboten diese Leistung in Anspruch zu nehmen. Bei Zuwiderhandlung könne es passieren, dass er seinen Arbeitsplatz sofort verliert und morgen säße möglicherweise ein anderer auf seinem Stuhl. Das ist Belarus. Und wer keine Arbeit hat, hat auch kein Einkommen. Da hilft man einander mit Tauschgeschäften, solange noch was zum Tauschen da ist. Und wenn alles getauscht ist, was dann? Dazu berichtet Tatjana, dass es in vielen Familien sehr schlecht aussieht. Wir wollen erstmals vor Ort helfen, natürlich nur mit Sachspenden. Es erscheint ganz einfach, Geld dorthin zu überweisen. Doch unsere Hausbank bietet nicht die gewünschte Kontoform an. Und dann kam von einer anderen Gruppe die Warnung: Wenn ihr Geld überweist, wird man euch einiges drüben abziehen. Uns hat fast die Hälfte unserer Überweisung gefehlt. Wir haben nicht erfahren weswegen und wohin ist es gegangen? Weiter - der Empfänger muss dieses Geld außerdem als Einkommen versteuern. Was nun? Und dann überschlagen sich die Ereignisse. Eine russischstämmige Gastmutter hat eine Möglichkeit aufgetan das Geld angeblich sicher an den Bestimmungsort zu bringen, auf eine sehr verrückte russische Weise. Und dann haben wir es geschafft, innerhalb eines Tages das Geld verlustfrei tatsächlich an den Bestimmungsort zu bringen. Es war viel Stress und Unsicherheit dabei. Aber es hat geklappt. Und dann schreibt Tatjana, dass es auch für sie anstrengend war. Aber nun wolle sie unsere Unterstützung mit dem Schuldirektor und den Schulsozialarbeitern besprechen, da die die sozialschwachen Familien und deren Nöte besser kennen. Als erstes würde sie aber Schulartikel einkaufen um die armen Kinder damit zu versorgen. Wir halten das für eine gute Sache. Wir werden so viel Geld auf unserem Konto festhalten, um im nächsten Jahr die Kindererholung wieder durchführen zu können. Mit dem darüber hinaus gehenden kleinen Überschuss werden wir den Kindern vor Ort helfen.
In diesem Jahr sind kaum Spenden bei uns eingegangen. Wir erleben, dass man unsere ehrenamtliche Tätigkeit würdigt und uns auf die Schulter klopft. Das hilft uns aber nicht. Wir brauchen finanzielle Unterstützung. Wir bekommen zwar auch immer wieder Spendenzusagen, die dann aber nicht bei uns eintreffen. Das macht mitunter ganz viel Frust. Da fragt man sich oft, will ich das noch weitermachen? Will ich meine Freizeit weiterhin fast vollständig in die schier endlose Bettelei investieren? Wer das einige Jahre gemacht hat versteht, warum andere Organisationen keine Nachfolger finden und aufgeben. Ich kann die deutsche Ichbezogenheit nicht verstehen. Wir konsumieren bis zum Gehtnichtmehr und die Nöte unseres Nächsten sind uns gleichgültig. Und dann gibt es doch mal wieder einen kleinen Sonnenstrahl. Eine alleinerziehende Mutter mit drei kleinen Kindern kommt zu mir und sagt: ich habe nicht viel Geld. Aber ich gebe euch fünf Euro. Eure Kinder haben Hilfe nötiger als meine Kinder. Ein andermal kam beim Begrüßungsfrühstück bei Müller-Egerer ein älterer Herr zu uns, gab mir einen Geldbetrag mit der Bitte den Kindern ein Eis zu kaufen. Das haben wir gemacht. Das sind Dinge die mich berühren und motivieren weiter zu machen. Leider passiert so etwas eben nur sehr selten. Fünf Euro sind bei uns nicht viel, aber in Belarus kann man dafür Grundnahrungsmittel für die ganze Familie kaufen.
Spendet – auch Kleinbeträge sind uns willkommen. Unsere Kinder brauchen eure Hilfe. Macht strahlende Kinderaugen.
7. Juli 2020 - Corona fordert auch von uns eine Neuausrichtung.
Wegen der Reisebeschränkungen konnten wir in diesem Jahr keine Kinder holen. Dabei haben die Gasteltern sich sehr darauf gefreut. Erstmals hatten wir 27 Kinder und Betreuer auf unserer Einladungsliste, so viele wie noch nie. Und auch die Kinder haben sich ebenfalls gefreut und immer wieder gefragt: dürfen wir noch kommen? Jene, die von ihren Gasteltern nicht erneut eingeladen wurden fragten: habt ihr für uns neue Gasteltern gefunden? Wir haben heute sehr gute Kontakte zu unseren Kindern und deren Eltern. Und Corona hat auch die Bevölkerung in Weißrussland ebenfalls schwer erwischt. Es hat nichts genützt, dass der Präsident empfohlen hat mehr Wodka zu trinken. Die Bevölkerung trägt weitgehend Mundschutz wie wir auch. Unsere Betreuerin muss mit Mundschutz ihren Unterricht halten. Die Arbeitslosigkeit ist hoch. Und das bedeutet in vielen Familien bittere Armut. Dabei sieht Armut drüben anders aus als bei uns. Es kommt kein Geld ins Haus, außer einem Kleinbetrag an Kindergeld, und das reicht oft nicht einmal um die dort preiswerten Grundnahrungsmittel Brot, Kartoffeln und Milch einzukaufen. Das führt bei vielen Kindern zu Mangelerscheinungen, Magersucht und Anfälligkeit für Krankheiten jeder Art. Der Staat weiß um dieses weit verbreitete Gesundheitsproblem und schickt die Kinder jährlich in ein Sanatorium. Hier werden sie besser ernährt und umfangreich untersucht, um Krankheiten möglichst frühzeitig erkennen zu können. Tatjana schrieb uns aus dem Sanatorium, dass die Situation vieler Kinder sehr schlecht sei. Veronika, eines unserer Erholungskinder, habe nur die Ballerinas, die sie im vorigen Jahr bei uns bekommen hat und inzwischen stark verschlissen sind. Sie besitzt weder Sportschuhe noch andere Freizeitschuhe. Bei vielen anderen Kindern sähe es nicht viel besser aus. Sie hätten auch schlechte Schuhe und viele keine halbwegs passende Schuluniform. Allgemein fehlt es an Schulartikeln. Tatjana schreibt uns: Ich gehöre nicht zu den Armen, aber es fällt auch mir im Augenblick schwer meine Familie (mit zwei schulpflichtigen Kindern) durchzubringen. Eine pensionierte Lehrerin sagte am Telefon: unsere augenblickliche Situation ist einfach schrecklich . Es muss was passieren. Und die Mutter eines anderen Erholungskindes hat nach dem Verlust ihres Arbeitsplatzes sehr stark abgenommen (7 Kilo in zwei Monaten) und danach versucht sich das Leben zu nehmen. Ähnlich Schlimmes schreiben uns andere Eltern auch. Sie alle hoffen auf die Neuwahl des Präsidenten und dass er es nicht schafft, die letzte noch vorhandene Gegenkandidatin auf seine Weise zu beseitigen. Noch nie hat man sich uns gegenüber so offen und verbittert politisch geäußert, Reaktionen aus bitterster Not heraus. Sollte der Präsident sich erneut selbst zum Wahlsieger ernennen glaubt man, dass es dort zu einem Volksaufstand kommt.
Es erschreckt uns seit Langem, dass kaum noch Hilfstransporte stattfinden weil die Hilfsgüter monatelang in Zollagern verrotten. Man wirft uns Knüppel zwischen die Beine wo es nur geht Wir bekommen Rollatoren nicht rüber, weil die neuwertig und mit einem Zertifikat und einer Bedienungsanleitung versehen sein müssen. Das gilt auch für Unterarmgehhilfen. Wir dürfen auch nur Pakete bis 20 Kilo und einem Wert bis 22 Euro schicken, wobei selbst bei gebrauchten Sachen der Neuwert gerechnet wird. Das Porto dafür beträgt bis zu 40 €. Und das geht gar nicht. Viele höherwertige Pakete können deshalb oft nicht von den Empfängern eingelöst werden, weil sie die Zollgebühren nicht entrichten können. Zum ersten Mal in unserer Geschichte möchten wir drüben finanziell helfen. Bislang blieb jeder Cent in Deutschland. Aber das können wir im Augenblick nicht mehr verantworten. Nun möchten wir drüben ein internationales Währungskonto eröffnen, auf das beide Seiten Zugriff haben. Unsere dortige Betreuerin Tatjana hat uns in der Vergangenheit den Verbleib eines jeden Cent mit Belegen nachgewiesen. Und wir vertrauen ihr, dass sie das auch mit unserer Finanzhilfe macht. Sie wird kein Geld aushändigen, sondern es ausschließlich für sachliche Hilfen ausgeben. Gefällt uns irgendetwas nicht können wir auch das Konto sperren. Wir möchten drüben aber nicht nur unsere Erholungskinder unterstützen, sondern alle die am dringendsten Hilfe benötigen. Unsere Erholungskinder haben möglicherweise noch Sachen aus ihrem vorjährigen Besuch zum Verkaufen oder Tauschen. Andere, die nicht das Glück hatten zu uns zu reisen, sind mitunter ärmer dran. Unser „kleiner“ angedachter Beitrag reicht natürlich bei weitem nicht um Wunder zu bewirken. Aber wir können helfen, den bedürftigsten Kindern an Tatjanas Schule ein ganz klein wenig unter die Arme zu greifen. Sie alle sind sehr an Deutschland interessiert, erfahren sehr viel über uns und schicken uns Bilder und Nachrichten. Wir wollen was tun für die dortigen Kinder und die Völkerverständigung.
Auch ihr könnt strahlende Kinderaugen machen.
Da wir im kommenden Jahr möglicherweise dreißig Kinder holen können werden die Reisekosten dafür auf unserem Konto festgehalten. Ein kleiner bescheidener und auch im nächsten Jahr überschüssiger Betrag wird an die dortigen Kinder gehen. Im Augenblick gehen kaum Spenden bei uns ein. Aber die jetzt noch eingehenden Spenden werden wir ausschließlich für die dortige Hilfe verwenden. Bitte unterstützt uns. Drückt bitte unseren Spendenbutton oder überweist uns euren Beitrag. Auch fünf Euro sind den Kindern drüben eine große Hilfe.
Corona bereitet auch uns Probleme
Eigentlich müssten wir schon wieder sehr aktiv sein, müssten die Reiseplätze buchen, Kinderlisten erstellen, damit man sich in Weißrussland allmählich um die Reisepapiere bemüht. Aber alles hängt augenblicklich in der Luft. Überall viele Vorschriften, Reiseverbote und sonstige Einschränkungen. Wir können hier nicht reisen um unsere Gasteltern wie üblich zu informieren und die Papiere einzuholen. Erst mit deren Unterschrift können wir die Listen erstellen und unsere russische Betreuerin die Kinder benachrichtigen, die erstmals bei uns sein würden. Einige Kinder sind bereits wieder von ihren Gasteltern verbindlich eingeladen. Und jene, die in diesem Jahr voraussichtlich nicht mehr dabei wären fragen: habt ihr Gasteltern für mich gefunden? Darf ich auch in diesem Jahr kommen? Wir haben auf vieles keine Antworten. Der Reisetermin (18.Juli) ist noch weit weg. Da kann sich noch viel ändern. Wir versuchen im Augenblick so zu handeln, als wäre unsere Welt in Ordnung. Wir versuchen alles so vorzubereiten wie in den vergangenen Jahren. Womöglich überschlagen sich plötzlich die Ereignisse, die Kinder dürfen reisen nur unsere Papiere sind nicht fertig. In Weißrussland geht alles so weiter als wäre dort nichts geschehen. Es gibt keinerlei Einschränkungen. Entweder gibt es dort keine infizierten Menschen oder sie werden statistisch nicht erfasst. Unsere Kinder wissen jedoch sehr wohl was bei uns los ist. Nur können sie sich unsere vielen Einschränkungen nicht vorstellen. Unsere Anastasia hat uns ein Bild geschickt, wo sie – wohl aus Solidarität mit uns - einen bunten Mundschutz trägt. Einige Kinder, die bei uns waren, bleiben einfach unsere Kinder, die sich im Internet informieren und viel Kontakt mit uns halten. Ich würde sie alle sehr vermissen, wenn sie in diesem Jahr nicht reisen dürften. Vielen Gasteltern geht es nicht anders. Es bleibt die Hoffnung -
Wenn die Katastrophe offiziell beendet ist -
Ein sehr interessanter Bericht von Alexander Tetsch. Er berichtet als Journalist über die Situation in den verstrahlten Gebieten Weißrusslands, über jene Gegend wo auch unsere Kinder herkommen. Wir hatten diesen Bericht schon mehrfach, mit einem Link auf diesen Bericht versehen, eingestellt. Aus unerfindlichem Grund geht uns dieser Artikel leider immer wieder verloren. Wer ihn lesen möchte sollte ihn im Internet aufrufen.
Gleichermaßen interessant ist das Buch „Unbekanntes Strahlenland“ von Bernd Ehmler. Bernd Ehmler begleitete mehrere Hilfstransporte und berichtet darin über seine Erlebnisse mit der dortigen Bevölkerung. Eine sehr interessante Leseprobe daraus findet ihr ebenfalls im Internet.
Unsere erste Gastelternversammlung am 29.2.2020
Sie verlief so wie erwartet. Von den vielen interessierten Gasteltern, die ein vorheriges Interesse an Kindern angemeldet hatten, waren nur sehr wenige da. Das war auch schon in den vergangenen Jahren so. Immer sind etliche krank, andere verhindert oder sie haben den Termin vergessen. In der telefonischen Nachsuche hören wir dann die Gründe für die Nichtanwesenheit. Auch melden sich bis heute immer wieder neue Interessenten, die Kinder haben möchten. Da können wir für dieses Jahr vermutlich erneut eine weitere Steigerung der Kinderzahl melden. Da kommt Freude auf – nicht nur bei uns, sondern auch bei unseren Erholungskindern.
Lidl Mitarbeiter spenden
Völlig überrascht erhielten wir die Nachricht, dass Lidl Mitarbeiter uns unterstützen möchten. Die Mitarbeiterspende kommt aus dem Überschuss einer Tombola. Am 30. November wurde uns im Hotel Waldesruh der stolze Betrag von 1.900 € überreicht. Wir sagen, insbesondere im Namen unserer russischen Kinder, von ganzem Herzen Danke.
Wir brauchen eure Unterstützung
Es wird Zeit, dass wir uns wieder um die Finanzierung unserer Kindererholung in 2020 bemühen. Die Zahl unserer Kinder wächst mit jedem Jahr. Und das bedeutet einen ständig steigenden Kostenaufwand. Obwohl wir immer mehr Entgegenkommen bei unseren Veranstaltungen erfahren, geht die Zahl der Spender stetig zurück. Während die NWZ Kinderaktion denen in nur zwei Wochen große Summen auf das Konto spült, müssen wir viele Bettelbriefe schreiben und brauchen das ganze Jahr, um unsere Aktionen durchführen zu können. Inzwischen bieten wir den Kindern dreieinhalb Wochen Erholung incl. jeder Menge Freizeitspaß für nur noch etwa mehr als 350 € an.
Spenden geht ganz einfach
Schaut gelegentlich mal auf eure Finanzen und überlegt euch ob ihr davon etwas für unsere russischen Erholungskinder abgeben könnt. Auch kleinste Spenden sind uns eine große Hilfe. Und Spenden geht ganz einfach. Drückt auf der Seite Spendenkonto unseren Spendenbutton, und setzt dort den Spendenbetrag ein. Wer uns Spenden anweist und seine Adresse dort angibt, erhält von uns automatisch eine Spendenbescheinigung.
Es ist ein sehr interessanter und lesenswerter Gastelternbrief bei uns eingegangen.
Sie finden ihn unter „Beiträge von Gasteltern“. Eine Familie berichtet über ihre Erlebnisse mit einem Gastkind. Dabei handelt es sich um unser jüngstes Kind, Sofia, kurz vor ihrer Ankunft neun Jahre alt geworden. Da stand sie nun, unmittelbar nach ihrer Ankunft, still, leise, ängstlich wirkend in der ihr fremden Umgebung. Bei der Einkleidung zog sie es vor drei Kuscheltiere ganz fest im Arm zu halten, statt nach Kleidung Ausschau zu halten. Ich würde mich viel und intensiv um sie kümmern müssen. Und dann kam alles ganz anders. Nach drei Tagen erkannte ich Sofia kaum wieder – glücklich – strahlend und sehr lebendig.
Bilanz der Erholungsaktion 2019
Ein jedes Jahr ist anders – andere Kinder, andere Gasteltern, veränderte Gesetzgebungen und immer bessere Kontaktmöglichkeiten nach Belarus. Da kann man in der Organisation nicht von Gewohnheiten sprechen. Es fängt damit an, dass wir immer mehr Kinder aus sehr armen Familien vom Lande holen. Denen fehlt oft bereits das Geld für die Beschaffung der Reisepapiere. Außerdem müssen Kinder ab 12 Jahre einen metrischen Pass haben. Obwohl die Botschaft uns mitteilt sie würde in die Region fahren und die Pässe vor Ort erstellen, so funktioniert das nicht. Da muss unsere Betreuerin mit den Kindern 300 Kilometer nach Minsk fahren um die Fingerabdrücke machen zu lassen. Das bedeutet für uns, dass wir heute bei etlichen Kindern die Kosten für die Reisevoraussetzungen übernehmen müssen, wollen wir doch gerade diese Kinder zu uns holen. Wir erfuhren aber auch in unserem Umfeld zunehmend finanzielles Entgegenkommen. Dankeschön. Und dann waren sie da – 21 fröhliche und gut gelaunte Kinder. Auffällig war die jüngste – Sofia, soeben 9 Jahre alt geworden. Sie war sehr klein, blass, sehr leise und zurückhaltend. Ich würde mich besonders um sie kümmern müssen. Als ich sie drei Tage später wieder sah habe ich sie kaum wieder erkannt. Sie hatte russisch sprechende Gasteltern, die sich sehr intensiv und einfühlsam um sie gekümmert haben. Sofia war plötzlich sehr lebendig. Sie strahlte, war glücklich und fühlte sich sichtbar wohl, was sie uns auch versicherte. Da sie aus einem sehr armen Haus kam, erkundete sie den Haushalt der Gastfamilie sehr intensiv und wollte wissen was das alles für Gegenstände waren und wozu man die gebraucht. Auffällig war erstmals auch, dass viele Kinder sich auf den Gemeinschaftsveranstaltungen unmittelbar und immer ganz nahe bei den Gasteltern aufhielten und sich auch um deren Kinder kümmerten. Es sind eben andere Kinder – hilfsbereit und freundlich. Es war auch so, dass Gasteltern einander unterstützten und halfen. Wir hatten in letzter Minute noch ein 13-jähriges Mädchen mit einem Handicap eingeladen. Sie wohnte bei uns, weil wir anderen Gasteltern die mögliche Problematik nicht zumuten wollten. Ihre Schwester war in Cloppenburg untergebracht. Da das Problem aber nahezu unbedeutend war bot die Gastfamilie an, dieses Kind zu ihrer Schwester zu holen. Das passierte nach einer Woche auch. Interessant war, dass die Geschwister dann bei unterschiedlichen Familien wohnen wollten, aber doch einander so nahe, dass sie sich täglich sehen konnten. Das war eine gute Entscheidung, wofür Veronika sich bei jedem Wiedersehen mit einer Umarmung bei uns bedankte. Auch wir hatten mitunter kurzzeitig weitere Kinder in Obhut, wenn in deren Gastfamilien gewisse Umstände eine kurzfristige Übernachtung außerhalb angebracht erscheinen ließ. Unsere Kinder freuten sich immer auf weiteren Besuch und bauten deren Betten dann auf und ab. Wir hatten keine Arbeit damit, zumal die Betreuerin auch bei uns wohnte und notfalls regelnd eingriff. Es war immer einfach und unkompliziert – aber auch immer wieder spannend und lustig weitere Kinder bei uns zu haben. Ein erstmaliger Gastvater sagte, ich habe viel von Tschernobyl Kindern gehört, aber sie zu erleben ist eine völlig andere Sache.
Neben den Gemeinschaftsveranstaltungen trafen sich etliche Gasteltern mit ihren Kindern auch auf dem Hüpfburgen Festival in Oldenburg, hierzu eingeladen von Kinderlachen Oldenburg e.V. Andere verabredeten sich im Kletterwald Hatten oder trafen sich im dortigen Freibad, wo sie seit Jahren freien Eintritt haben. Alles verlief sehr harmonisch und stressfrei. Aufgrund finanziellen Entgegenkommens fast aller Veranstalter haben wir uns entschlossen, den Kindern erstmals wieder ein Taschengeld von jeweils 20 Euro auszuzahlen. Alle Kinder möchten sich selbst vielleicht noch etwas kaufen oder ihren Eltern und Geschwistern etwas mit nach Hause bringen. Obwohl 20 Euro in ihrer Heimat viel Geld ist stellten sie bald fest, dass man hier nicht weit damit kommt. Wie ich aber feststellen konnte haben sie das Geld sehr sinnvoll ausgegeben, z.B. für eine Jeans, für Schuhe oder Schulartikel. Sie haben damit die Erfahrung machen müssen in Deutschland ist alles viel teurer als zuhause.
Beeindruckt hat mich wieder mal Christina, die gerne tanzt und singt. Zu unserem Abschiedsfest hat sie sich morgens noch mal hingesetzt und nach einer russischen Melodie einen Text geschrieben, in dem sie all unsere Veranstaltungen und ihre Freude darüber verarbeitet hat. Und das Lied hat sie uns dann gegen Ende der Veranstaltung vorgetragen. Ich kann mit russischen Melodien nicht viel anfangen, will mir aber den Text noch übersetzen lassen.
Als meine Kinder abgereist waren, hatte ich zwei Tage später noch immer so einen bestimmten Duft in der Nase, weil sie ihre selbstgemachten Seifen auf der Fensterbank vergessen hatten. Und dann fand ich noch eine Karte von Tatjana, auf der sie sich für den schönen Aufenthalt in Deutschland bedankte. Und ich bedanke mich bei allen Kindern für die schöne gemeinsame Zeit, bei den unkomplizierten und einfühlsamen Gasteltern und ganz besonders bei Tatjana für ihre Arbeit und ihren unermüdlichen Einsatz für die Kinder. Spreche ich mit älteren Gasteltern so höre ich, dass die Kinder oftmals sehr lange Kontakt zu ihren Gasteltern halten, dass die Gasteltern positiv auf die Entwicklung einwirken konnten und später oft zu ihnen nach Hause eingeladen wurden. Da passiert mitunter sehr viel mehr, als nur drei Wochen miteinander zu leben. Sie nehmen physisch und psychisch sehr viel mit nach Hause, was oft sehr großen Einfluss auf ihre zukünftige Entwicklung hat.
Versucht euch selbst mal als Gasteltern und lernt diese wunderbaren Kinder persönlich kennen.