Unser Sommer mit einem „Tschernobyl“ Gastkind - Bericht einer Gastmutter - September 2019
Nun stehen wir da, am 31. Juli 2019 am Wardenburger Busbahnhof. Meine Gasttochter Sofia klammert sich
ganz fest an mich. Die Zeit ist gekommen, um Abschied zu nehmen. Abschied von unseren wundervollen
Gastkindern und einem gemeinsamen, unternehmungsreichen Sommer voller Eindrücke und Erlebnisse.
Mit gemischten Gefühlen warten die Kinder auf den in Kürze eintreffenden Reisebus. Einerseits voller
Vorfreude auf Familie und Freunde daheim andererseits traurig und wehmütig, ihre lieb gewonnenen
Gastfamilien und die bereits vertraute Umgebung zu verlassen.
Alle wären gerne länger geblieben und niemand wird diesen Sommer 2019 jemals vergessen. Die Hoffnung
ist groß, auch im nächsten Jahr von einer lieben Gastfamilie eingeladen zu werden.
Über Polen bringt der Reisebus die Kinder in ihre Heimat Bychow in Weißrussland zurück.
Mitte März diesen Jahres sah ich zufällig auf Facebook eine Anzeige des Vereins Elterninitiative
„Tschernobylkinder Wardenburg“. Darin wurden Gasteltern für den Sommer 2019 gesucht. Die Anzeige ließ
mich irgendwie nicht mehr los. Ich und mein Mann informierten uns auf der Homepage des Vereins
tschernobylkinder-wardenburg.jimdo.com.
Die Idee, ein Gastkind aus Weißrundland bei uns für 3 ½ Wochen im Sommer aufzunehmen, gefiel uns sehr.
Da mein Mann beruflich sehr eingespannt ist, gestalte ich die wöchentliche Beschäftigung der Kinder
alleine. Ein weiteres Kind in Obhut zu nehmen, erschien mir als genau richtig und abwechslungsreich für die
anstehenden Sommerwochen.
Ich kontaktierte die angegebene Telefonnummer. Vier Tage später durften mein Mann und ich Edeltraud
und Willy Kayser in unserem Wohnzimmer begrüßen, die uns Rede und Antwort standen.
Edeltraud und Willy Kayser sind seit vielen Jahren Vereinsmitglieder und leiten diesen Verein mittlerweile
auch.
Sie und 16 weitere Mitglieder laden mit diesem großartigen Projekt jedes Jahr Kinder aus Weißrussland zu
einem Erholungsurlaub nach Deutschland ein. Obwohl die Tschernobyl- Reaktorkatastrophe bereits über
33 Jahre zurück liegt, sind noch immer Gebiete, darunter etliche in Weißrundland, stark belastet. Viele
Kinder sind körperlich ihren Gleichaltrigen in Deutschland unterlegen. Dennoch kommen nur gesunde
Gastkinder hierher.
Nach diesem lockeren und aufklärenden Gespräch wurde uns klar, dass wir an diesem Projekt teilnehmen
möchten. Wir durften unsere Vorstellungen über unser Gastkind, wie Alter, Geschlecht oder soziale Schicht
nennen. Wir entschieden uns für ein Mädchen aus der unteren sozialen Schicht. Einfach aus dem Grund,
weil wir es in diesem Moment für wichtig empfanden, einem Kind eine andere, aber dennoch hart
erarbeitete Welt zu zeigen.
Einige Wochen später schickte mir Edeltraud über WhatsApp einen kurzen Steckbrief mit Foto unseres
Gastkindes. Uns durfte die 9-jährige Sofia besuchen, ein auf dem Foto schüchtern lächelndes Mädchen. Ich
war entzückt!
Wir verschickten eine kurze Kennenlern-Email an Sofia zurück. Mit etwas Verzögerung erreichte uns ein
Antwortschreiben von Sofias Mutter über ihre Vorlieben und Eigenschaften. Sofia liebt Pferde. Ihr
allergrößter Wunsch wäre es mal auf einem Pferd zu reiten. Da meine beiden Nichten, die in Sofias Alter
sind, wöchentlich reiten, durften wir diesen Wunsch ohne Aufwand erfüllen. Zwar auf einem Pony, aber auf
einem großen Pony.
Es folgte vor Ankunft der Kinder noch ein Treffen, zu dem alle Gasteltern geladen waren. Bei diesem
Treffen haben wir gemeinsame Unternehmungen vorgeschlagen, besprochen und festgelegt. Sämtliche
Veranstaltungen sind für die Gastkinder und deren Gastgeschwister kostenlos.
Und dann kam der lang ersehnte Tag. Am 08 Juli 2019 kamen die Kinder nach ihrer 28-stündigen Busreise
in Wardenburg an. Es folgte ein Gratis-Frühstück bei Müller Eggerer, wo die Kinder erstmal zu Kräften
kommen konnten.
Bei den Kaysers angekommen hörte ich schon vom Parkplatz aus heiteres Geschnatter aus dem ganzen
Haus. Auch in diesem Jahr richteten die Kaysers, oben im OG eine kleine Modeboutique mit diversen
Kleiderspenden, ein. Die Kinder, 20 Mädchen und 1 Junge, stürzten sich auf die Klamotten als ob SSV wäre.
Ich machte ich mich auf die Suche nach Sofia. Da stand sie! Völlig verloren zwischen den ganzen
Kleiderständern, mit einer kleinen Tüte voller Kuscheltiere in der Hand. Statt mit Anziehsachen hat sie sich
und ihre Geschwister daheim mit Kuscheltieren versorgt. Willy kam mir zur Seite und machte mich darauf
aufmerksam, dass sie nicht gut aussehe und bereits seit der Busfahrt schweigt. Ich zog Sofia raus und stellte
mich erstmal vor, aber das schien sie auch nicht zu erfreuen. Jeder Versuch, sie in ein Gespräch zu
verwickeln, scheiterte.
Nachdem wir doch noch ein paar Sachen für sie gefunden haben, beschlossen Sofia und ich, nach Hause zu
fahren. Mittlerweile trafen nach und nach die weiteren Gasteltern ein.
Sofia wurde auch Zuhause nicht munter. Ich zeigte Sofia ihr kleines, improvisiertes Reich. Wir haben
kurzerhand für sie unser Bürozimmer ein bisschen umgestellt und hergerichtet. Nach einem mager
ausfallenden Abendessen und einer Dusche, schickte ich Sofia frühzeitig ins Bett damit sie Kraft tanken
konnte. Für den heutigen Tag gab ich es auf sie aufzumuntern. Ein bisschen einfacher hatte ich mir das
schon vorgestellt.
Der nächste Tag verlief viel besser! Wie macht man ein Kind glücklich? Einkaufen! Bereits in der
Obstabteilung bekam Sofia bei dem Überangebot große Augen. Sofia war sehr bescheiden, obwohl ich sie
mehrmals darauf hingewiesen habe, sie könne sich nehmen, wenn sie etwas möchte. Am Ende fragte sie
mich ganz leise, ob sie einen Schokopudding darf.
Mit einem deftigen Abendessen ließen wir den zweiten Tag ruhig ausklingen. Zum Nachtisch gab es
Himbeeren und Erdbeeren mit Eis. Sofia drohte die absolute Geschmacksexplosion. Sie beschrieb mir doch
tatsächlich den Geschmack jeder einzelnen Beere. Welche ist süß, welche sauer usw. Zuhause bei ihr gebe
es ganz selten welche. Ihre Mama ist alleinerziehend und verkauft alles, was sich verkaufen lässt. Es war
unbeschreiblich, ein Kind mit so wenig, so glücklich so zu machen. Wenn sich doch meine Kinder so über
Obst freuen würden.
Wir erlebten schöne und aufregende 3,5 Sommerwochen. Unvergessen bleibt die Kutterfahrt nach
Spiekeroog, wo die Kinder sichtlich Spaß hatten. Der Kapitän fischte uns so einige Meeresbewohner zum
Bestaunen aus dem Meer, die wir aber selbstverständlich wieder freigelassen haben. Tierisch gut war auch
unser Besuch in Jaderberg. Viele Kinder sahen zum ersten Mal in ihrem Leben eine Giraffe oder sind zum
ersten Mal eine Wildwasserbahn gefahren.
Neben den gemeinschaftlichen Veranstaltungen nutzen wir das herrliche Wetter auch als Familie- bzw.
Großfamilie, um die Zeit so schön wie möglich zu gestalten. Egal ob Freibad, Badesee, Spielplatz,
Übernachtungsparty, einfach nur mal Einkaufen, jede Unternehmung hat Sofia sehr viel Freude bereitet.
Beim gemeinsamen Backen war sie erstaunt über meinen einfachen Handmixer und was der alles so kann.
Sie mixte mir im Nu alle Zutaten für den Kuchen zusammen und wollte gar nicht mehr aufhören. Egal ob es
das elektrische Garagentor, die Jalousien, die Klimaanlage im Auto, der Trockner,… all das fand plötzlich
eine größere Bedeutung und musste genau erklärt und begutachtet werden. Alles Dinge, die wir in
unserem Alltag als selbstverständlich wahrnehmen. Viele dieser Kinder kommen aus sehr armen und
schwierigen Verhältnissen. Es bereitete uns umso mehr Freude, ihnen diese Unbekümmertheit und
Sicherheit schenken zu dürfen.
Es war schön, aufgezeigt zu bekommen, wie klein Glück doch sein kann. Im Inneren weiß natürlich jeder
von uns, was Glück bedeutet. Leider verlieren wir diese Bedeutung in unserem hektischen Alltag schnell
aus den Augen. Wir lernten von unserem Gastkind auch, uns auf das Hier und Jetzt zu fokussieren, da
unsere gemeinsame Zeit begrenzt war. Jeder Tag ist kostbar und wurde in vollen Zügen genossen. Trotz
der Rückkehr zurück in unseren Alltag, versuchen wir nach dieser Erfahrung jeden Tag als Familie intensiver
zu nutzen. Denn auch unsere gemeinsame Zeit ist begrenzt. Einfach mal stehen bleiben und verinnerlichen
wie großartig alles ist.
Ich bin dankbar, dass meine Kinder ein anderes Leben führen dürfen.
Es ist sehr schwer, die Kinder gehen zu lassen. Aber es war uns klar, dass dieser Tag kommen wird. Wir
sollten Kindern die Welt öffnen, erleichtern, näher bringen und uns vor allem für sie einsetzen. Wenn nicht
wir, wer dann?
„Kinder halten uns nicht von was Wichtigerem ab. Sie sind das Wichtigste.“ (C.S. Lewis)
Für uns heißt es deswegen auch im nächsten Jahr wieder „Unser Sommer mit einem Tschernobyl Gastkind“.
Wir sind sehr glücklich darüber, dass wir diese Erfahrung gemacht haben. Es hat uns als Familie alle näher
zusammen gebracht.
Natalia Pfannenstiel September 2019
Reisebericht Edeltraud Kayser – Belarus 27.4.-6.5.2018
Gastelternreise und Hilfstransport der Elterninitiative Halter „Den Kindern von Tschernobyl e.V.
Der Bus ist vollgepackt mit unserem Gepäck, Getränken und mit Hilfsgütern für Gastkinder, Schulen, Invalidenstiftung und einer Tagesbetreuungsstätte für behinderte Jugendliche in Minsk. Nach einer kurzen Andacht und dem Reisesegen fahren 11 Gasteltern und Interessierte am 27.4.2018 um 10.35 Uhr mit Gottes Segen in Goldenstedt-Arkeburg ab.
Wegen gemeldeter Staus fahren wir erst mal über Land und dann Richtung Hamburg, aber auch dort erwischt es uns. Wegen Staus und Stauumfahrung haben wir gleich zu Beginn unserer Reise 2 Stunden Zeit verloren. Um 20.10 Uhr sind wir an der polnischen Grenze. Vorher haben wir noch eine längere Pause gemacht und unsere mitgebrachten Köstlichkeiten zum Abendbrot verzehrt. Es wird langsam dunkel und wir bereiten unsere Nachtlager im Bus vor. Jeder hat 4 Sitzplätze zur Verfügung und kann es sich mit Decken und Kissen gemütlich machen. So durchqueren wir Polen, machen um 5.00 Uhr eine Pause zum Frischmachen und sind um 6.oo Uhr an der Grenze zu Weißrussland. Dort gab es eine längere Wartezeit, aber um 8.40 Uhr geht es weiter durch Belarus. Beeindruckend ist der weite, hohe Himmel, die Landschaft mit Birken- und Kiefernwäldern, weiten Feldern und vielen Seen und Bächen.
Unser Ziel ist das kleine Dorf Girmantovzij bei Baranowitschi. Um 2.30 Uhr (nach Zeitumstellung, 1 Std. vor) kommen wir endlich nach fast 27 Stunden Fahrt an und werden schon sehnsüchtig erwartet. Man hatte früher mit uns gerechnet. Nach einem „schnellen“ Essen, natürlich mit Wodka und vielen verschieden Speisen, werden die Schlafplätze zugewiesen, und dann geht es in die Grundschule. Die Schulkinder warten schon lange auf uns. Sie haben Lieder, Tänze und Akkordeonmusik für uns vorbereitet. Die Vorführung dauerte 1 Stunde. Danach haben alle Kinder reichlich Süßigkeiten bekommen. Die stammten aus Spenden der Sternsinger in Goldenstedt.
Unser Abendessen und der Schlafplatz im Bus über 4 Sitze, sowie einige Kinder aus der Schulvorführung
Um 16.30 Uhr wartete schon der Direktor der Möbelfabrik Dipriz in Baranowitschi auf uns. Er hat uns in Videos sein großes soziales Engagement gezeigt, hat uns durch die Fabrik geführt und die Produktionsschritte erklärt. Er stellt überwiegend Kleinmöbel her, auch für den europäischen Markt.
Seit über 2 Jahren plant und baut er einen Tier- und Freizeitpark. Vor 2 Jahren durften wir das im Bau befindliche Gelände schon einmal sehen. Jetzt sind deutliche Fortschritte zu erkennen. Die Gehege sind zum großen Teil bereits fertig und Tiere eingezogen. Es gibt einen Aussichtshügel mit einem kleinen Blockhaus für Veranstaltungen, einen See mit Tretbooten, einen großen Grillplatz, Pferde und Esel zum Reiten, usw. Mit einer rasanten Fahrt in seinem Geländewagen hat der Direktor uns das 50 ha umfassende Gelände gezeigt. In der Zwischenzeit konnten die zurückgebliebenen Gäste reiten, Forellen angeln oder mit dem Tretboot fahren. Natürlich wurden wir wieder reich bewirtet. Für jeden von uns gab es ein Geschenkpaket mit nützlichen Dingen aus seiner Fabrikation für Haus und Garten. Bis fast Mitternacht haben wir noch am Lagerfeuer gesessen mit immer wieder frisch gegrilltem Fleisch und natürlich Wodka. Unsere belarussischen Gastgeber haben gesungen. Wir haben dabei kläglich versagt.
Bilder aus dem Freizeitpark, sowie der vom Direktor renovierten kleinen Kapelle und dem Friedhof
Am 29. 4. hatten wir am Vormittag Zeit uns das Dorf auf einem langen Spaziergang anzusehen. Viele bunte Holzhäuser, aber auch etwa 30 Jahre alte Steinhäuser, die anlässlich des Reaktorunfalls in Tschernobyl gebaut wurden und die aus den verstrahlten Gebieten umgesiedelte Menschen aufgenommen haben. Unsere Gastgeberin Dina ist die Direktorin der Grundschule von Girmantovzij. Sie hatte für den Nachmittag einen Ausflug mit den Grundschul- und Kindergartenkindern organisiert. Unser Ziel war die Stadt Lida, eine alte Stadt mit einem Schloss, 40 km vor der Litauischen Grenze. Während die Kinder eine Stadtrundfahrt mit einer Fremdenführerin machten (darüber müssen sie bestimmt einen Aufsatz schreiben), haben die Erwachsenen gerne in der Brauerei Lidskoe gewartet und konnten verschiedene Biersorten probieren. Gemeinsam haben wir danach das mächtige Schloss angesehen. Und dann ging es in ein kleines Ritterlager. Für die Kinder war das der Höhepunkt ihres Ausflugs. Der Bus wurde von „echten Rittern“ in Rüstung und mit Schwertern bewaffnet gestoppt. Es gab eine Steinschleuder, man konnte Pfeilspitzen schmieden, mit Schwertern kämpfen, Beilwerfen und andere mittelalterliche Spiele wurden gerne angenommen. Außerdem gab es einen kleinen Souvenirshop, wo die Mädchen sich glitzernde Ringe gekauft haben.
Nach einem erneut reichhaltigen Frühstück ging es am 30. 4. mit dem Bus zur Kolchose Mir. Dort erwartete uns der Direktor und zeigte uns einen großen Milchviehbetrieb. Angegliedert ist dort auch eine große Reparaturhalle für Traktoren und andere Fahrzeuge, ein kleines Geschäft, in dem die Mitarbeiter einkaufen können, sowie eine Kantine. Die durften wir nach der Führung testen und bekamen ein sehr leckeres Mittagessen. Das Agrarkombinat Mir hat einen Durchmesser von 37 km und besteht aus vielen Betrieben für verschiedene Aufgaben. Die vielen anderen Zahlen haben wir uns nicht gemerkt, besonders zum Verdienst der Mitarbeiter schienen die Angaben nicht sehr realistisch.
Wir haben "Schutzkleidung" bekommen, bevor wir in den Kuhstall durften. Die Vorsuppe in der Kantine natürlich mit saurer Sahne. Die gibt es zu fast allen Gerichten.
Der Nachmittag war ausgefüllt mit Besuchen in Familien von Gastkindern und hat mich besonders berührt. Die Gastfreundschaft war überwältigend. Alle waren sehr freundlich, es wurden reichlich Speisen angeboten, auch wenn die Familie kaum genug zum Leben hatte. Viele kleine Holzhäuser haben nur einen Wohn-und Schlafraum für bis zu 8 Personen, in Raummitte ein großer Kachelofen. Da müssen schon mal 2-3 Kinder auf einem Sofa schlafen. Es gibt eine kleine Küche, einen winzigen Vorraum für Schuhe und Jacken und meistens eine angebaute Veranda. Die wird genutzt zum Trocknen von Fisch und anderen Nahrungsmitteln und bietet meistens auch eine Sitzgelegenheit. Badezimmer- Fehlanzeige. Das Wasser wird mit einem Eimer aus einem Brunnen hochgezogen. Ich habe es probiert, es schmeckte sehr gut und war schön kühl.
Daneben gibt es aber auch viele neue, gemauerte Häuser, oft von der Kolchose gebaut und an die Mitarbeiter vermietet, oder Privathäuser von Besserverdienenden. Dort leben die Familien komfortabler, nicht mehr so beengt und mit fließendem Wasser und Badezimmer. Aber egal in welchem Haus sie lebten und wie die finanzielle Situation war, sie haben für uns den Tisch gedeckt mit so viel köstlichen Gerichten, dass kein freier Platz mehr übrig blieb.
Am 1.Mai hatten wir noch mal Zeit für einen Spaziergang. Die Tschernobylgruppe Halter-Goldenstedt musste noch ein gesundheitliches Problem mit einem ihrer Gastkinder klären und hat die Familie zu einem Gespräch aufgesucht. Um 14.30 Uhr haben wir uns von Girmantovzij und unseren Gastgebern verabschiedet und sind Richtung Minsk gestartet. Um 18.00 Uhr haben wir die Invalidenstiftung in Minsk erreicht und wurden herzlich von der uns bereits bekannten Leiterin Olga begrüßt. Es gab natürlich wieder reichlich Essen und Wodka. Nach dem Ausladen der mitgebrachten Hilfsgüter ging es weiter zur „Insel der Hoffnung“. Das ist eine private Tagesbetreuungsstätte für geistig behinderte Jugendliche, die von der Elterninitiative Halter „Den Kindern von Tschernobyl e.V.“ unterstützt wird. Da die Einrichtung nachts leer ist, durften wir uns dort auf den Sofas unsere Betten bauen. 20.00 Uhr- mein Bett ist fertig und erst mal Füße hoch. Ich hatte mir nämlich Blasen gelaufen. Vor dem Schlafengehen wurde aber bei reichlich Flüssignahrung noch lange geredet.
Der 2. Mai begann nach dem Frühstück in der Invalidenstiftung mit einem Besuch im Milizmuseum. Alena, die vorzüglich deutsch spricht, begleitet uns in diese interessante Ausstellung. Im Anschluss konnten wir nach dem Mittagessen den Nachmittag in der Stadt verbringen. Alena hat uns viel gezeigt und erklärt. Unter anderem waren wir in dem Kaufhaus Gum, sind an der KGB Zentrale und dem Gefängnis vorbeigegangen und am Ufer der Swislatsch in einer Orthodoxen Kirche gewesen. Ein wirklich schöner Nachmittag.
3.Mai 10.35 Uhr Weiterfahrt nach Jelsk. Von 13.oo-15.30 Uhr hatten wir in Babrusk einen längeren Aufenthalt, weil der Bus zu einer Reparatur ins Depot musste. Wir konnten durch die Geschäfte bummeln und uns gemütlich ein Getränk gönnen, denn es war inzwischen schon sehr warm geworden. Mit einem Zwischenstopp an einem Kriegsdenkmal mit Militärfahrzeugen, Schützengraben und einem kleinen Museum erreichten wir Jelsk gegen 19.00 Uhr. Die Straßen waren teilweise sehr schlecht und ich hatte Angst um 3 Kartons voll Geschirr für unsere Betreuerin Tatjana.
Am Militärmuseum gab es unser 3 Gänge Abendmenue-Bockwurst, Senf und Brot
Beim Ruderclub in Mosr, wo einige der Mitfahrer übernachteten, wurden mein Bruder und ich dann von den Eltern unserer beiden Zwillingsgastkinder erwartet. Sie haben uns abgeholt zu einem kurzen Besuch in Retschyza. Gegen 22.00 Uhr erreichten wir ihr Haus und sind nach einen kleinen Imbiss und einer Führung durchs Haus schlafen gegangen.
Der nächste Tag wurde sehr warm. Der Gastvater Alexander hat einen kleinen Spaziergang mit uns durch das Dorf (ein Vorort von Retschyza)und an den nahen Dnepr gemacht , hat uns seinen Hof und Garten mit den Kaninchenställen gezeigt. Dann sind wir in die kleine Stadt gefahren, weil Gastmutter Julia keinen Urlaub bekommen hatte und kurz ins Büro musste. Alexander ist mit uns durch den Ort gegangen, entlang einer Promenade am Dnepr zu einem kleinen Park mit Spielgeräten für Kinder. In einer kleinen Gaststätte brauchten wir eine Abkühlung. Die Zwillinge Iryna und Polina bekamen einen Eisbecher. Mittlerweile zeigte das Thermometer 32 Grad und wir haben auf weitere Ausflüge verzichtet. Wieder zuhause sind mein Bruder und ich gleich aufs Bett gefallen und offenbar eingeschlafen. Die Familie hatte schon ohne uns gegessen, weil sie uns nicht wecken mochte. Das war aber nicht schlimm, denn es gab eine kalte Suppe, die Okroschka heißt. Eine Suppe mit Wasser, viel Dill, Sauerampfer, Frühlingszwiebeln, gekochten Kartoffeln und Ei, sowie dicker saurer Sahne. War für uns ungewohnt, aber sehr lecker. Dazu gab es gefüllte Kartoffelpuffer.
Nach dieser Stärkung haben wir uns in einem kleinen Fußmarsch auf den Weg zur Oma gemacht. Oma hat sich sehr gefreut (sie sagte: „es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich echte Ausländer sehe“)und uns stolz ihre ganze Wohnung gezeigt, eine Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus, die nach einem Kabelbrand im letzen Jahr komplett renoviert worden war. Alles war sehr schön und freundlich, im Gegensatz zur Hausfassade und dem Eingang. Dafür war offenbar niemand zuständig. Wir haben Oma dann mitgenommen, weil die andere Oma und der Opa uns auch noch kennenlernen wollten und bereits zuhause auf uns warteten. Die andere Oma hatte viele Familienfotos mitgebracht und wir mussten viele Fragen beantworten. Julia, die als Dolmetscherin arbeitet und perfekt deutsch spricht, hatte viel Arbeit mit der Übersetzung. Es war aber für alle ein schöner Abend.
5. Mai - Julia und Alexander bringen uns zurück nach Jelsk. Wir fahren durch viele Wälder, wo ich an den Waldwegen Warnschilder mit radioaktivem Symbol erkennen kann. Dort dürfen also weder Beeren gesammelt noch Pilze gepflückt werden - ein beklemmendes Gefühl.
Wir treffen uns im Haus einer Familie bei der ein Mitreisender gewohnt hat, wieder mit Unmengen Speisen und Getränken auf dem Tisch. Einiges wird noch als Reiseproviant eingepackt. Nach herzlicher Verabschiedung geht es um 13.30 Uhr los Richtung Heimat. Weil ein kleiner Teich in der Nähe war gab es dort wahnsinnig viele Mücken, der Bus war voll mit ihnen. Bis zum Abend waren wir mit der Jagd auf die Blutsauger beschäftigt. Trotzdem wurde ich so oft gestochen, dass meine Füße wie ein Streuselkuchen aussahen.
Die Rückfahrt dauerte wieder etwa 26 Stunden, weil wir Umleitungen und schlechte Straßen schon in Belarus hatten. An der polnischen Grenze mussten wir den Bus verlassen zur Passkontrolle, die Koffer wurden durchleuchtet. Die Schengengrenze wird offenbar gut bewacht. Nachts haben wir wieder unsere Schlafplätze gebaut und haben ohne Zwischenfälle Arkeburg um 14.40 Uhr Ortszeit erreicht.
Eine erlebnisreiche, interessante Reise ist zu Ende.
Die Vorfreude auf diesen Sommer steigt, und gleichzeitig schaut Mascha sehr gern auf den letzten zurück. Unsere liebe Betreuerin Tatjana war so lieb den Brief für uns zu übersetzen:
Hallo Sansia, Reni,Adam und Marik. Bald kommt Juni und ich sehe euch wieder. Das ist für mich eine große Freude. Ich denke oft an meine letzte Sommer in Deutschland. Das war für mich die beste Zeit in meinem Leben. Ich erinnere mich oft an unsere Spaziergänge mit Hugo, an unsere Zeit neben dem Fluss, an unsere Spilzeugen mit Reni. Ich habe Burger gemalt, die ich bei euch gegessen hatte. Das ist lecker!!!! Ich bin sehr glücklich, dass ich euch bald umarmen kann. Ich bin sehr glücklich , dass ich Hugo kuscheln kann. Ich wünsche euch alles Liebe und Gute!!!!! Ich zähle die Tage bis unsere Treffen!
Das die Kinder den Erholungsurlaub so gut in Erinnerung behalten liegt an der grandiosen Arbeit der Tscherobylkinder-Wardenburg und der aufopfernden Arbeit von Edeltraud Kayser und Willy. Auch unsere liebevollen Gasteltern tragen natürlich einen nicht unerheblichen Teil dazu bei.
Damit alle Beteiligten diese gute und nachhaltige Arbeit leisten können sind wir immer wieder auf kleine und große Spenden angewiesen. Ich möchte daher nochmal auf unsere Internetseite hinweisen
in der Hoffnung das jeder der diesen Beitrag liest oder liked eine Kleinigkeit dazu beisteuert das wir weiterhin so gute Arbeit leisten können.
Bix Fritze
HILFE DIE BEI EUCH ZUHAUSE STATTFINDET KOMMT ZU 100% AN - WERDET GASTELTERN 2018!
Wir waren in diesem Jahr zum ersten Mal dabei. Es war purer Zufall und weil wir wissen wie wenig man sich darunter vorstellen kann schaut euch auf der Internetseite um und vor allen Dingen - vereinbart einen unverbindlichen Termin um alle fragen zu stellen die da sind!
https://www.facebook.com/tschernobylkinder.wardenburg/
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**Was man braucht ?
Ein freies Zimmer und Zeit und Lust ein oder zwei Kinder für drei Wochen im Sommer bei sich aufzunehmen.
**Was es kostet?
Die Verpflegung in der Zeit - die ihr aber dank Spendenbescheinigung bei der Steuererklärung einreichen könnt.
**Was machen die Kinder hier?
Sich erholen. Lasst sie einfach euren Alltag erleben, geht spazieren, kocht zusammen. Für Aktivitäten sorgt der Verein.
**Wer kann Gastfamilie werden?
Familien mit (oder ohne) Kindern, Renter, Paare...
**Und wie ist das mit mit der Sprache?
Eine russisch sprechende Betreuerin ist rund um die Uhr telefonisch erreichbar. Aber das braucht man nicht, mit App und etwas Zeit spricht man schneller russisch als man sich selbst darüber bewusst wird!
**Und der Verein?
-übernimmt sämtlichen Papierkram
-lädt zu diversen Aktivitäten ein
-alle sind super lieb und es findet sich für alles ganz unkompliziert eine Lösung!
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Wir haben die drei Wochen sehr genossen und sie gingen viel zu schnell rum. Beide Mädchen waren hilfsbereit, höflich und total "einfach". Es War wirklich eine Bereicherung und erst kürzlich bekamen wir Nachricht von einem der Mädchen (siehe Foto) und haben uns riesig gefreut! Alle Gasteltern und Mitglieder im Verein sind super nett, da ist nichts kompliziert dran. RUFT AN UND WERDET GASTELTERN!
спасибо (spasibo) - Danke
Wenn man sich die gepackten Koffer von Sascha und Mascha ansieht brauche ich keine gemeinsame Sprache um zu verstehen was beide von diesem Urlaub bei uns
mitnehmen.
Natürlich haben sie dank Hol Ger und Martina Blume sowie dem Roten Kreuz und den gesammelten Kleidern von Familie Kayser vor allem Kleidung (auch für Mama ,Papa und Bruder oder Schwester) darin. Doch es finden sich dort auch zwei selbst bemalte
Katzen aus Pappe die beide in Westerstede im Landerlebnis Janßen bemalt haben, zwei Pokale mitsammt Urkunden die sie beim Kaninchezuchtverein von Walter Borchers bekommen haben sowie zwei
Holzhasen die sie dort bemalen durften. Sie haben Bilder gemalt von uns am Westerholter See den wir an warmen Tagen oft besucht haben und Bilder vom Magic Park die unbedingt mit müssen. Mit
Alexej haben sie Bilder gemalt die sorgsam einsortiert wurden und stolz jedem gezeigt werden und ich kann gar nicht zählen wie viele Flyer die beiden gesammelt haben von all den Orten an denen
wir waren. Sogar ein paar auserwählte Spielzeuge, vor allem von der Toys Company aber auch von meinem Patenkind sind dabei.
Diese vielen Eindrücke und Erlebnisse sind warscheinlich mehr wert als die Dinge die sie nun im Koffer mit nach Hause nehmen und wir hoffen diese in den Fotos die wir beiden in den Fotobüchern
nachsenden festhalten zu können.
Als wir gestern die Koffer gepackt haben habe ich mich kurz zurück erinnert wie es war als ich die Sommer mit dem Kaninchenzuchtverein Freizeiten besucht habe in den Sommerferien. Das ist eigentlich gar nicht so lange her und ich konnte gut verstehen warum erst einmal die Bilder und gemalten Dinge ihren Platz finden mussten. Das sind eben die Dinge die einen auch Jahre später noch daran erinnern wie schön dieser Sommer doch war und ich wünsche beiden das sie dieses schöne Gefühl für sich bewahren können, mit nach Hause nehmen und sich immer wieder gern daran zurück erinnern.
Wir wurden in den letzten Tagen oft gefragt ob wir das nun wieder machen würden, ob wir das anderen raten können.
да (da) !
Glückliche Kinder in seinem Haus zu haben ist schöner als jeder Urlaub, also ja - wir werden den Verein weiter unterstützen wo wir können und auch gern wieder als Gasteltern!
Sonntag geht es домой (domoy), nach Hause... Doch am liebsten würden wir sie einfach noch eine Weile hier behalten - so schön war es und so viel haben die beiden uns auch mit ihrer Anwesenheit gegeben.
спасибо (spasibo)
Nachdem die Mädchen und der Verein (http://tschernobylkinder-wardenburg.npage.de/index.html) sich heute beim Abschiedsfest bedankt haben möchten auch
wir uns einfach nur bedanken.
Vor allem möchten wir uns bei Willy und Edeltraut Kayser dafür bedanken das wir überhaupt teilnehmen durften. Aber auch einfach für Eure Art und Weise wie ihr das ganze angeht, alles ist so entspannt und gut organisiert und wir haben uns unglaublich wohl und willkommen gefühlt bei euch, sowohl in der Vorlaufzeit als auch während der drei Wochen.
Danke sagen möchten wir aber auch den anderen Gasteltern, dem Verein Kinderlachen Oldenburg (https://www.kinderlachen-oldenburg.de/) , der Toys Company (https://www.dekra-akademie.de/de/standorte-toys-company/) sowie dem Roten Kreuz und Alexej und auch Walter Borchers und all den anderen die so aktiv dazu beigetragen haben dass die Kinder jeden Tag etwas zu lachen hatten. Danke auch an meine Schwester Martina Blume das sie sich die Zeit genommen hat für Sascha und Mascha einkaufen zu gehen und meinem Papa Hol Ger das er im Vorfeld für die Mädchen Spenden gesammelt hat.
Спасибо за прекрасное время - Danke für die schöne Zeit
Bix Fritze 9.Juli 2017
Der größte Teil unseres Gasteltern Daseins liegt hinter uns. Wir waren bei dem schönen Wetter in den letzten Tagen oft schwimmen und haben den Magic Park Verden besucht. Ein unglaublich
schöner Park für kleinere Kinder wie ich finde, es war wirklich sehr schön! Von den Kindern hat man gar nicht so viel gesehen, die waren verschwunden als die die "Americani gurki" sahen. Es
dauerte eine Weile bis auch ich verstand das sie die Achterbahn meinten und nicht plötzlich hunger bekamen.
Gestern haben wir uns von einem Imker erzählen lassen was so alles dazu gehört wenn man ein Glas Honig voll bekommen möchte. Das ist tatsächlich aufwändiger als ich dachte, der Honig dafür
aber super lecker. Nun bricht langsam aber sicher die letzte Woche an, wir wollen noch kegeln und malen und dann ist da auch noch die Abschiedsfeier... es ist schon komisch wie schnell drei
so schöne Wochen umgehen können :o
Übrigens habe ich auch versucht den Mädchen die Haare zu machen. Als Mutter zweier Söhne bin ich daran natürlich gescheitert. Zwei Mädchen hier aufzunehmen war also nicht nur für die beiden
spannend und erholsam sondern auch für uns unglaublich bereichernd.
Reise von Gasteltern nach Belarus
Vom 29. April bis 8. Mai 2016 haben Gasteltern ihre Kinder in deren Heimat besucht. Möglich gemacht hat das die Initiative Halter / Goldenstedt, die einen Hilfstransport nach Weißrussland organisiert hat. Wir bedanken uns dafür, dass die Initiative auch zwei unserer Gasteltern eine sehr interessante Mitreise durch Weißrussland ermöglicht hat. 11 Personen haben sich mit einem eigens gecharterten Reisebus von Arkeburg auf den Weg gemacht. Mit Paketen an Gastkinder und Hilfsgütern vollbepackt ging es am 29.April um 10 Uhr los. Nach 23 Stunden waren wir an unserem ersten Zielort Girmantowzij. Das liegt in der Nähe von Baranowitschi. Hier wurden wir überaus herzlich begrüßt und erlebten erstmals die für deutsche Mägen strapaziöse Gastfreundschaft der dortigen Bevölkerung mit reichlich Essen und Wodka. Tschut Tschut (d.h. ein wenig) und rein damit. Aber ohne Wodka kann man die Speisen wohl kaum verdauen. Beides wurde in den ersten Tagen nicht gut vertragen
Die Fröhlichkeit kam auch nicht zu kurz und es wurde gesungen
So sah es immer noch nach dem Essen aus - die Tische haben sich gebogen
Am Nachmittag war schon eine Besichtigung in einer Möbelfabrik mit 800 Mitarbeitern organisiert. Der Inhaber hat offensichtlich eine soziale Ader und unterstützt dort soziale Einrichtungen finanziell. Dort wurden Kleinmöbel , hauptsächlich für den europäischen Markt, hergestellt. Der Besitzer hat das Firmengelände und sein im Bau befindliches riesiges Gelände für einen Tier- und Freizeitpark gezeigt. Das große Gebiet wurde mit einem Geländewagen „erfahren“ und erklärt. Danach gab es natürlich wieder Essen und Wodka. Eine Nachfrage nach Kaufmöglichkeit seiner Produkte verneinte der Inhaber, aber als wir zum Bus kamen , hatte er schon für jeden ein paar Sachen als Geschenk einpacken lassen. Die Freude war riesig.
Zu Besuch in der Fabrik
Am 1.Mai nahmen die Reisenden an einem Ostergottesdienst mit anschließendem Mittagessen teil. Bis 18 Uhr waren alle bei den Eltern eines Gastkindes eingeladen. Danach besuchten wir eine Wasserquelle im Wald mit einem Picknick. Doch damit nicht genug - Dina, die Leiterin der Grundschule in Girmantowzij servierte ein weiteres Essen und um 22 Uhr gab es ein „ Salute“, ein von der Initiative Halter mitgebrachtes Feuerwerk.
Am 2. Mai machte die Gruppe mit Kindern der dortigen Grundschule einen „kleinen“ Ausflug über 230 Kilometer zu großen Nationalpark Belovezhskaya Pushcha mit Museum, vielen Tieren und einem Märchenwald, wo auch Väterchen Frost wohnt. So eine Gelegenheit bekommen die Kinder dort kaum wieder, weil viele Eltern gar kein Auto besitzen. Während der Reise bewunderten sie die luxuriöse Ausstattung des Busses, die bequemen Sitze, mit einem Tablett ausgestattet für den kleinen Imbiss und die farbige Beleuchtung während der späten Heimreise.
Es gibt keine Barrieren, selbst wenn man des anderen Sprache nicht versteht
Zu Besuch bei Väterchen Frost
Am 3. Mai wurde eine Schule in Potschapowo besucht. Wir konnten uns ein Bild vom dortigen Schulalltag machen. Die Kinder hatten für die Besucher wunderschöne Vorführungen eingeübt, die zum großen Teil in deutscher Sprache vorgetragen wurden. Anschließend führte die Leiterin die Gruppe durch den Schulgarten , der einen wichtigen Anteil zum Schulessen beiträgt. Auch wir nahmen in der Schule ein sehr schmackhaftes Mittagessen ein. Der für uns gebackene Apfelkuchen in Form eines Krokodils wurde aus Zeitmangel eingepackt und mitgenommen. Auf dem Weg nach Minsk galt der nächste Besuch einem Kinderheim für schwerstbehinderte Kinder. Hier wurden dringend benötigte Hilfsgüter abgegeben wie z.B. eigens angefertigte Trinkbecher, die mit dem Mund aufgenommen werden können. Die Invalidenstiftung in Minsk hat uns in den beiden folgenden Tagen mit Frühstück und Abendessen bestens versorgt.
Am 4. Mai durften wir ein wunderschönes Kloster besuchen und am Nachmittag das Werk Belaz in Schodsina, wo riesige Muldenkipper für den Tagebau, richtige Monster, mit bis zu 500 Tonnen Traglast, zu bestaunen und zu erklettern waren.
Monster für den Tagebau
Am 05. Mai war es 23 Grad warm, das nächste Ziel war Jelsk. Unsere beiden Wardenburger Gastmütter besuchten Marina, ein ehemaliges Wardenburger Gastkind und spätere Betreuerin unserer Kinder, in Leltschitza. Marina hat auf einem langen Spaziergang den Ort Leltschitza gezeigt, und wir haben Vlad besucht, der auf all seinen Besuchen in Wardenburg so schön Gitarre gespielt und gesungen hat, so dass ein Musikstudio mit ihm hier eine CD aufgenommen hat. Wir besuchten auch Marinas 91 jährige Oma die, noch geistig fit, sich über den deutschen Besuch sehr freute. Sie war auch gut über unsere Flüchtlingssituation unterrichtet und wollte wissen ob wirklich so viele gekommen seien, ob die denn auch eine Wohnung , Arbeit und zu essen hätten. Die Oma wohnt in Lochnitzy, in einem Sperrgebiet. Dort baut sie auch noch ihr Gartengemüse an . Die meisten der dortigen Häuser waren jedoch verlassen. Und sobald sie längere Zeit unbewohnt und verlassen sind, werden sie von der Regierung zerstört und in ein dafür errichtetes Erdloch verbuddelt. Doch das hinderte viele Familien mit geringem Einkommen nicht, auf ihren ehemaligen Grundstücken weiterhin einen Gemüsegarten zu unterhalten. Auch wir waren dort, wo man sich nicht länger aufhalten sollte. Doch wo war das Unheil, die Gefahr ? Wir spürten sie nicht und wir sahen sie nicht. Aber wir sahen, was diese unsichtbare Gefahr anzurichten vermag. Insgesamt ist Weißrussland landschaftlich gesehen wunderschön. Alles ist sauber, noch sauberer als auf unseren Straßen und in unserer Landschaft. Gut ausgebaute Fernstraßen führen kilometerweit durch Birken- und Kiefernwälder. Häuser sucht man dort auch vergebens. In den Dörfern und Städten wohnen arm und reich mitunter direkt nebeneinander. Deren wirtschaftliche Unterschiede sind manchmal einfach erschreckend, ebenso die Einkommen. Es gibt wunderbare öffentliche Gebäude, wie Museen und Kirchen. Einige haben wir besucht. Weißrussland ist offenbar im Aufbruch. Aber es hat den Anschluss an die Weltwirtschaft noch nicht gefunden. Im Augenblick sind viele arbeitslos oder arbeiten Teilzeit mit entsprechenden Lohnabzügen.
Bei Oma im Sperrgebiet
Wir haben viel gesehen auf unserer Reise durch Weißrussland. Wir waren in Häusern und Wohnungen der Eltern unserer Gastkinder und haben gesehen was da los war. Wir sahen baufällige Häuser mit Folie in den Fenstern, aber auch schöne neue Häuser. Die bunten Häuser in den Dörfern standen meist entlang eines befestigten Weges. Straßen gab es da kaum. Morgens wurden alle Kühe auf die Straße getrieben (viele Familien halten eine Kuh auf dem Hof), wo jemand die dann gemeinsam irgendwo in die Landschaft trieb und sie dort tagsüber hütete um sie abends wieder heim zu bringen. Wir sahen sehr alte Menschen vor ihren Häusern sitzen. Die nächste Generation wird oft keine 70 Jahre alt. In Minsk haben wir nur einen Radfahrer gesehen. Radfahren auf den Straßen sei dort lebensgefährlich, erklärte man uns. Es gibt dort für Radfahrer keine Radfahrwege und auch keine Verkehrsvorschriften. Das macht es schwierig sich längerfristig auf deren Straßen zu behaupten. Es war eine sehr interessante, aber auch anstrengende Reise.
Kontraste unmittelbar nebeneinander - wie sie größer kaum sein können
Die Gruppe Halter / Goldenstedt macht so eine Inforeise alle zwei Jahre. Sie nehmen Pakete von Gasteltern mit, aber auch Hilfsgüter für Heime und Schulen. Dort wo die Not am größten war, haben sie auch finanzielle Unterstützung geleistet. Man kennt sich und freut sich aufeinander. Es war überall sichtbar und es wurde allen auch deutlich gemacht, dass unsere Hilfe immer noch sehr gebraucht wird. Die dortigen Organisationen sagen, eine Erholungsreise für ihre Kinder nach Deutschland sei heute so selten geworden wie bei uns ein Sechser im Lotto. Auf der Reise mit den Grundschulkindern fiel allen ganz besonders ein soeben siebenjähriges Mädchen auf. Es war sehr schlecht gekleidet und es wurde, nach Angabe der Lehrerin, von der Mutter sehr vernachlässigt. Es hatte ein immerwährendes Lächeln in seinem traurigen Gesicht. Man hatte allen Kindern dort noch ein Abendbrot mit einem Würstchen spendiert. Doch dieses Kind hatte plötzlich eine sehr stark geschwollene Wange. Dennoch klagte es nicht, sondern versuchte immer noch zu lächeln. Katja konnte die Wurst nicht essen. Doch sie hielt diese bis nach Hause ganz fest in ihrer kleinen Hand. Die Wurst war wohl etwas ganz wichtiges in ihrem Alltag. Alle waren sich einig, dass dieses Kind absolute Priorität für eine Erholung in Deutschland hat. Es wurde noch überlegt dieses Kind zusätzlich nach Wardenburg zu holen. Aber aufgrund des geringen Alters wurde davon abgesehen und es kommt vielleicht im nächsten Jahr zu uns. Die Gruppe Halter hat aus der momentanen Situation des Sehens ganz spontan noch vier weitere Kinder geordert, ohne dafür Gasteltern zu haben. Notfalls will eine Gastmutter die alle zusätzlich bei sich aufnehmen. Platz ist in der kleinsten Hütte, meinte sie.
Wir Wardenburger sehen deren Aktivitäten mit großer Bewunderung. Wir sind noch ganz weit von deren Handeln entfernt. Im Augenblick freuen wir uns, die Kosten für unsere 8 Kinder aufbringen zu können. In diesem Jahr sind bis jetzt noch nicht einmal eine Handvoll Spenden aus der Region bei uns eingegangen. Wir leben im Augenblick von einer größeren Spende aus dem Vorjahr. Bei Anfragen auf Unterstützung teilt man uns mit, dass man sich den augenblicklich aktuellen Problemen zuwenden wolle. Da muss uns noch ganz viel einfallen. Wir sind nun aber in der Lage nicht nur vom Hörensagen und den Meldungen von drüben zu reden, sondern haben die Situation mit eigenen Augen gesehen.
Weißrussland ist ein landschaftlich sehr schönes Land. Die Gastfreundschaft der Bevölkerung ist nicht zu beschreiben. Als Reiseziel ist das Land noch völlig unentdeckt, aber allemal eine Reise wert. Es gibt erste Ansätze für Fahrradtouristen über die Dörfer und durch die seenreiche Landschaft. Lediglich die bittere Armut, insbesondere der alten Menschen und Teilen der Bevölkerung, und die Situation in den Heimen ist geradezu erdrückend. Wer dieses wunderschöne Land gesehen hat kann sich darin verlieben. Und wer die teilweise bittere Armut und erdrückende Situation dort gesehen hat, der kann unseren alltäglichen Wohlstand erst richtig einschätzen. Darum wird es noch ganz lange erforderlich sein die dortigen Kinder für eine mehrwöchige Erholung zu uns zu holen. Mit der nun dritten Generation erwartet man noch mehr strahlengeschädigte Kinder. Das resultiert aus dem Genpotential geschädigter Großeltern. Deren Kinder wurden von Kind an mit verstrahlten Lebensmitteln ernährt , sind bereits krank und gengeschädigt, was sie wiederum an ihre Kinder vererben. Frage - würdet Ihr Eure acht oder neunjährigen Kinder 2000 Kilometer weit weg zu fremden Menschen schicken? Auch russische Eltern lieben und sorgen sich um ihre Kinder. Und wenn sie das dennoch tun, dann ist deren Not sehr groß. Also helft uns weiterhin, ein klein wenig des Elends auf dieser Welt zu lindern.