Wir laden Tschernobylkinder ein

 

 

Eine kleine Hilfe für unsere Gasteltern

 

Seit 1993 kommen  über unsere Initiative jährlich weißrussische Kinder zu einer 3-wöchigen Erholung in Gastfamilien nach Wardenburg und Umgebung. Kinder, die in der Region aufwachsen müssen, die immer noch nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl  im Jahr 1986 radioaktiv belastet ist. Auch heute noch brauchen diese Kinder den Erholungsaufenthalt bei uns dringend zur Stabilisierung ihrer geschwächten Gesundheit. Eine Tatsache, die vielen Menschen bei uns nicht mehr bewusst ist, da sie sich nicht vorstellen können, dass eine radioaktive Verseuchung  diesen  Ausmaßes ein Problem über Generationen darstellt.

Zwischen den Gastfamilien und den Gastkindern, einschließlich deren Familien, entwickelt sich oft sehr schnell ein gutes und herzliches Verhältnis. Zur Vorbereitung auf den Erholungsaufenthalt ist es aber hilfreich, sich über die allgemeine Lebenssituation der Kinder zu informieren. Diese Kinder kommen zu uns als kleine Botschafter eines Landes, das bei uns noch sehr unbekannt ist, und dessen soziale, politische und wirtschaftliche Verhältnisse stark von unseren abweichen.

Die ökonomische Situation in Belarus verschlechtert sich zunehmend und dramatisch durch wachsende Inflation, Arbeitslosigkeit, Niedriglöhne, Versorgungsengpässe und ein marodes Gesundheitssystem. Entsprechend ist die gesamte Lebenslage der Familien bedrückend. Die gesundheitlichen Schäden der Kinder nehmen vor allem durch ständige Aufnahme radioaktiv belasteter und minderwertiger Nahrung zu und werden durch unzureichende medizinische Versorgung noch verstärkt.  Armut und beengte Wohnverhältnisse kennzeichnen den Alltag fast aller Familien. Viele von ihnen zerbrechen daran. Die Scheidungszahl ist sehr hoch, der Alkoholmissbrauch ein Problem. So muss man damit rechnen, dass ein Gastkind schon viel Trauriges und Negatives erlebt hat. Vor diesem Hintergrund ist zu ahnen, wie nötig ein „Tschernobylkind“ den Aufenthalt bei uns braucht zur Erholung für Körper, Geist und Seele.

 

Dazu gehören:

 

Eine entspannte Familienatmosphäre. Dazu gehört auch die Vorbereitung der eigenen Kinder auf die zeitlich begrenzte neue Familiensituation

Zuwendung, Vertrauen und die Vermittlung von Sicherheit

Aber - falls erforderlich -  auch Ermahnung und Konsequenz

Regelmäßiger Kontakt mit den heimischen Betreuern und den anderen Kindern der Gruppe

Interesse am Heimatland des Kindes

 

Wichtige Aspekte der Erholung:

 

So viel frische Luft wie möglich, auch bei nicht so gutem Wetter

Sinnvolle Freizeitgestaltung zusätzlich zum angebotenen Programm für die gesamte Gruppe (vom Verein organisiert): Spielen, Bewegung an frischer Luft,  Schwimmbadbesuch.  Achtung: Viele Gastkinder behaupten zwar sie könnten schwimmen, Kontrolle erforderlich, sie können es oft nicht!!

Fernsehen so wenig wie möglich, das haben sie zu Hause im Überfluss!

Ausreichend Schlaf ist etwas, was zu Hause, bedingt durch die beengten Wohnverhältnisse, ständig laufendem Fernseher und Schulunterricht teilweise bis in die Abendstunden, oft vernachlässigt wird.

Gesunde, ausgewogene Ernährung. Da die Kinder viele unserer Speisen nicht kennen und deshalb oft ablehnen („-kenn ich nicht – mag ich nicht“), sind Eingewöhnungsschwierigkeiten beim Essen vorpro-grammiert. Das gilt besonders für unsere Gemüsezubereitungen. Die Kinder kennen Gemüse meist nur als Rohkost oder Salate. Beliebt, weil bekannt, sind Tomaten und Gurken. Grundsätzlich sollte gelten: Probieren und Kosten ist Pflicht! Statt Süßigkeiten  lieber Obst, statt Cola oder Limonade - lieber Obstsäfte und Milch.

 

Auch das gehört zu einem guten Miteinander:

 

Vermeiden von Anspruchsdenken und Abbau zu hoher materieller  Erwartungen an uns. Das bedeutet: Die Kinder sollen unseren Alltag kennen lernen und miterleben, dass auch wir für unseren Wohlstand hart arbeiten müssen.

Sinnvolle Auswahl von Geschenken: z.B. gut erhaltene Kleidung, Schuhe, Schulmaterialien, Spiele, Rucksäcke oder Sporttaschen. Sehr wichtig sind die Absprachen der Gastfamilien untereinander, um nicht gegeneinander ausgespielt zu werden und keine Neidgefühle aufkommen zu lassen. Deutliche Unterscheidung zwischen Geschenken und Dingen, die während des Aufenthaltes hier nur benutzt werden können. Besonders jüngere Kinder möchten solche „Leihgaben“ beim Abschied gerne mitnehmen und sind enttäuscht, wenn das nicht geht.

Unterweisung in der Benutzung von sanitären Anlagen, den meisten Stadtkindern zwar vertraut, für Kinder aus einem Dorf, wo das Wasser aus einem Brunnen geholt wird und das „Häuschen mit Herz“ im Garten steht, aber fremd. Erklären unserer Armaturen (Einhebelmischer) und WC (gebrauchtes Toilettenpapier nicht in den Mülleimer) sind oft erforderlich, um peinliche Missverständnisse zu vermeiden. Hinweise, dass bei uns die Waschmaschine Unterwäsche und Strümpfe wäscht und wir sie oft wechseln können, sind meist nötig und oft kontrollbedürftig.

 

Aufsicht und Unterweisung im Straßenverkehr: das gilt besonders für Kinder aus ländlichen Regionen.

Fahrradfahren ist für alle eine große Gefahrenquelle, auch wenn die Kinder sagen, sie könnten es. Sie können unseren Verkehr in 3 Wochen nicht einschätzen lernen. (Wie lange haben unsere Kinder gebraucht bis sie verkehrssicher waren??) Radfahren nur unter Aufsicht und Begleitung der Gasteltern.

Bei Schwierigkeiten schnelle Kontaktaufnahme zu den Verantwortlichen vor Ort und zu den weißrussischen Betreuern, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Je schneller, desto besser.

 

Trotz mancher notwendiger Einschränkung aber vor allem

Fröhlichkeit und herzliche Zuwendung

Die meisten Kinder machen uns das nicht schwer!